Saite an Saite gegen die November-Depression

FESTIVAL HERBSTTÖNE

20/11/23 Zum Abschluss des dreitägigen Festivals Herbsttöne an der Universität Mozarteum begeisterten zwanzig Studentinnen und Studenten, angeführt von Camerata-Konzertmeister Giovannni Guzzo als Primus inter pares mit Grieg, Sibelius und Dvořák: Streicherklänge vom Feinsten.

Von Horst Reischenböck

„Verweile doch, du bist so schön!“ Goethes Ausspruch kam einem in den Sinn, denn zum Leidwesen des Auditoriums beschränkte sich das Angebot an zu hörenden Werken auf kaum eine Stunde Spieldauer! Diese Stunde war dafür angereichert mit hochromantischen Kompositionen, die – abgesehen von einem „Zugabenstück“ in der Mitte – viel zu selten unsere Ohren kitzeln.

Wie etwa Edvard Griegs Fra Holbergs tid – Aus Holbergs Zeit op. 40. Mit der fünfsätzigen Suite in gammel stil (hat nichts mit vergammelt oder herumgammeln zu tun, sondern heißt einfach „im alten Stil“) feierte Gried damals en 200. Geburtstag des dänisch-norwegischen Dichters Ludvig Holberg, indem er vergangenen Musik-Formen neuen Geist einhauchte.

Auf das vom Kammerorchester als Einstieg sehnig robust angegangene Prelude passte als Kontrast die melancholische Sarabande perfekt zum draußen einfallenden Nebel... Nach der zärtlichen Gavotte geriet das Andante religioso der Air zum ersten Kabinettstückchen aller an der Ausführung Beteiligten. Im finalen Rigaudon setzte sich die Idee des barocken Concerto grosso virtuos durch – im spannenden Wechsel zwischen Tutti und kontrastierenden solistischen Concertino-Einsätzen.

Jean Sibelius‘ Valse triste op. 44/1 wurde vom Komponisten selbst aus der Bühnenmusik zu Arne Järnefelts Drama Kuolema – Der Tod – herausgelöst und zum Konzertwalzer mutiert. Der „Walzer“ ist ein beliebtes und bekanntes Zugabestück skandinavischer Klangkörper auf Auslandstourneen. So intensiv durchhörbar und klanglich fein aufgefächert wie an diesem Abend war’s jedoch nicht nur sinnlich ausgekostetes Erlebnis, sondern ein intensiver Baustein zu Abschieds-Gefühlen, wie sie vor allem im November auftauchen.

Aber auch trotzig aufbegehrende Gedanken stellen sich ein, die zum Schluss mit dem Finale der Streicherserenade E-Dur op. 22 von Antonín Dvořák endgültig ins Positive hin verscheucht wurden. 1878 innnerhalb nur zwölf Tagen in einer für Dvořák hörbar glücklichen Lebensphase zu Papier gebracht, orientierte er sich mitnichen an klassischen Vorlagen, sondern eher an den ersten drei Beiträgen zur Gattung aus Händen des zu Unrecht als „Johannes Brahms-Epigone“ in Vergessenheit geratenen Steirischen Zeitgenossen Robert Fuchs.

Dvořáks überreich sprudelnd melodischer Einfallsreichtum gruppert sich um ein fast aufmütziges Scherzo, einen schwermütigen Walzer in c-Moll und ein großartig ausgekostetes wehmutsvolles Larghetto. Nach letzten Reminiszenzen an den Kopfsatz katapultierte der Dirigend des Abends, der Konzertmeister der Camerata Salzburg Giovannni Guzzo, sich selbst und das ganze Kammerorchester der Universtität Mozarteum in die Jubel provozierende rauschende Presto-Coda.

Bilder: UniMoz / Michael Klimt