Verschiedene Veränderungen vors Clavicimbal

BACHGESELLSCHAFT / GOLDBERGVARIATIONEN

22/03/11 Bachs Goldbergvariationen sind mit dem mystischen Schauer des technischen und musikalischen Bewährungswerks für die tastende Zunft der Fingerfertigen behaftet. Die raue Luft der Ruhmeshalle atmete auch Florian Birsak im Geburtstagskonzert der Bachgesellschaft für ihren Namenspatron.

Von Erhard Petzel

altAls Spezialist für Alte Musik erfülle Birsak die „Aria mit verschiedenen Veränderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen“ BWV 988 am Sonntag (20.3.) im Solitär natürlich auf dem von Bach vorgegebenen Instrument. Als Fingerübung dienten 5 Kanons aus 14 BWV 1087, wobei das Mitsingen der Fundamentalnoten auf Solmisationssilben bei Nr. 9 einen etwas befremdlichen Effekt hatte.

Agogische Raffinesse für das Thema und die lyrischen Variationen sind am Cembalo nicht über dynamische Unterscheidung wie beim Flügel möglich, womit der heutige Hörer natürlich Referenzen für seine Hörerwartungen aufgebaut hat. Birsak arbeitet da mit Rubati, die sich zunächst nicht immer als fließend darstellen. Der Wechsel von Spannung und Entspannung, der die Sinne gefangen nimmt und den Hörer in staunend-wohlige Trance versetzt, mag sich zunächst nicht so richtig entfalten.

Dafür baut sich bei den virtuosen Variationen eine fulminante Steigerung auf. Die Gigue der Nr. 7 wird getoppt von den virtuosen Trillern in den Stimmeinsätzen der Fughetta Nr. 10, wächst sich in Nr. 14 zu einer wahren Trillerorgie aus. Die virtuose Wucht von Nr. 20 wird überhöht durch eine irrwitzige Sarabande Nr. 26 im Wahnsinnstempo.

In allen Sätzen mit virtuosem oder markantem Charakter kann Birsak mit seinem Instrument fulminante Effekte zeitigen. Auch das pastorale Schwingen des Oktav-Kanons gerät stimmig und das Adagio Nr. 25 spannt einen schmerzlich zerrissen Bogen über seine lange Klage. Ein alles in sich vereinigender Bogen liegt vielleicht nicht in der Interpretationskraft des gesamten Abends, aber die Steigerung in Ausdruck und Verve ist beeindruckend.

Und so ersteht nach den lauten Melodien des Quodlibets noch einmal das Thema der Aria und bekommt diesmal das Pulsieren, das man sich bei dieser Musik so sehnlich erwartet. Nach all der hinter sich gelassenen Aufregung liegt Florian Birsak entspannt in der Sphäre der Auszeit, die in diesen Klängen schweben macht. Langer Applaus für den Künstler.

Bild: Fotostudio Schaffler & Friese