Über Kuba weit hinaus

KULTURVEREINIGUNG / NORDWESTDEUTSCHE PHILHARMONIE

04/06/12 Der Zyklus „Welt der Musik“ machte zum Auftakt seinem Namen Ehre: Die Nordwestdeutsche Philharmonie entführte am Freitag (1.6.) über den Atlantik. Angesagt war zwar eine „Kubanische Nacht“, geboten wurde jedoch weit mehr.

Von Horst Reischenböck

Ein Programm einmal der anderen Art: Nämlich ein kleines Kompendium vornehmlich südamerikanischer Komponisten, die bei uns so gut wie nicht bekannt, geschweige denn in Konzerten zu hören sind. Auch George Gershwins „Cuban Overture“ wird in unseren Breitengraden kaum gespielt. Im Großen Festspielhaus hat Carlos Domínguez-Nieto, ein Temperamentbündel, damit die Stimmung angefacht.

Der Spanier hat sich das dirigentische Rüstzeug u. a. bei Leopold Hager in Wien und am Mozarteum bei Dennis Russel Davies und Jorge Rotter geholt. Die Nordwestdeutsche Philharmonie spielte so präzise und eindringlich, als würde dergleichen Musik zum täglichen Brot gehören, akzentuiert durch engagierte Schlagwerker und bekrönt von einem perfekt Mariachi-Klänge umsetzende Trompeter. Beeindruckend war auch, wie Claudia Dresel als Solistin mit ihrer Klarinette zu Streicherbegleitung den 1982 vom Argentinier Astor Piazzolla komponierten Tango Nuevo „Oblivión“ beschwörend umschmeichelte.

Was sagen uns Komponistennamen wie die der drei gebürtigen Mexikaner Silvestre Revueltas, Arturo Márquez oder Jose Pablo Moncayo? Ersterer hat mit der Nr. 2 seiner Danzónes ein Stück geschrieben, das in Mexiko als so etwas wie die die zweite Nationalhymne gilt. Arturo Márquez hat sich von dem Gedichtband „West Indies Ltd.“ des Afro-Kubaners Nicolás Guillén zu „Sensemayá“ inspirieren lassen. Dessen vornehmlich im 7/8-Takt stehende Reminiszenzen an Igor Strawinskys „Sacre“ wurden fulminant umgesetzt. In Europa ist das Werk nicht zuletzt durch Gustavo Dudamels und sein Simón Bolívar Jugendorcherster ein wenig bekannt geworden. Hingegen bedeutete das in sich mehrteilige ausgedehnte „El Huapango“ von Jose Pablo Moncayo eine echte Novität bedeutete.

Die in Österreich beheimatete, aus Kuba stammende Milagros Piñera Ibaceta sang gefühlvoll wie ausdrucksstark sowohl Eigenes wie auch Lieder ihrer Kolleginnen aus Havanna, Albita Rodriguez und Isolina Carrillo. Dazu Ernesto Lecuona und Ariel Ramirez’ „Alfonsina y el mar“, das auch von der instrumentalen Begleitung her bestach. Vollends amüsierte José Maria Dávilas Liebeserklärung „Ich würde alle Zähne verlieren, wenn ich lüge“.

Waren US-Komponisten aber mitunter nicht doch noch die besseren Lateinamerikaner? Der nachgereichte elektrisierende „Mambo“, den in Leonard Bernsteins „West Side Story“ Puertoricaner tanzen, begeisterte das Publikum im Zugabenteil.

Bild: www.milagrospinera.com