Friedenssymphonie der Fünfhundert

KONZERT / LANDESJUGENDORCHESTER

05/11/13 Mag ja sein, dass der „L’homme armé“, der Mann in Waffen, im ausklingenden Mittelalter eine gewisse Anziehungskraft hatte. Von damals stammt das Lied, das der britische Komponist Karl Jenkins als Leitmotiv genommen hat für seine „Mass for Peace“.

Von Reinhard Kriechbaum

009Dass ausgerechnet „L’homme armé“ es als Parodievorlage in Dutzende Messkompositionen von Komponisten der Renaissance und des Frühbarock gebracht hat, wäre ein Treppenhauswitz der Musikgeschichte, wenn die Ausrückungen der Landsknechte (daraus speist sich wohl die Popularität des französischen Liedes aus dem 15. Jahrhundert) nicht Kriege sonder Zahl nach sich gezogen hätten.

Für die Aufführung von Jenkins‘ üppigen Chor-Orchesterwerk am Montag (4.11.) im Großen Festspielhaus hat man nicht gespart mit juvenilen Scharen: Das Salzburger Landesjugendorchester und das Oberösterreichische Jugendsinfonieorchester an den Pulten, Chöre von Musischem Gymnasium, Borromäum und BAKIP, die Jugendkantorei am Dom, der „chorus juventus“ der Wiener Sängerknaben, die Landesjugendchöre aus Kärnten und Südtirol: Das waren zuletzt fünfhundert junge Leute. Da wird es sogar im Großen Festspielhaus eng auf dem Podium.

Norbert Brandauer hat die Massen durch dieses Pop-Oratorium geleitet. Der Furor nach der mitreißenden Wiedergabe stand in nichts der Begeisterung nach, mit dem im Sommer die „El sistema“-Orchester abgefeiert wurden.

„The Armed Man. A Mass of Peace“ hat ja auch alles, was Eindruck macht: Die Melodie des “L’homme armé“ kommt wie einst die Heer-Rufer mit Piccolo-Flöte und kleiner Trommel daher. Ein (echter!) Muezzim ruft zum Gebet, ein Sängerknabe stimmt das Kyrie an, das Sanctus kommt als martialischer Himmels-Marsch daher. „Wie selig ist der, der für sein Vaterland stirbt“, heißt es bald, wenn sich der Rumor zuspitzt und in Schlachtengeschrei mündet. Kriegs-Perversion pur, wie mancher folgende Klagegesang zeigt: Besonders eindringlich das unprätentiöse Klagen des Mezzosoprans (Christa Ratzenböck) - „Silent, so silent now“ - in dem anklingt, wie schwer das Weiterleben ist. In die scheinbar idyllische Zwiesprache zweier Solo-Celli im Benedictus platzt aufs „Hosanna in excelsis“ nochmal das schwere Blech und das attackierende Schlagwerk hinein, bis im letzten Chor-Tableau die Melodie vom bewaffneten Mann umgetextet wird in „Better is peace than always war“.

Das war alles toll vorbereitet von den Jugendensembles und konnte die Wirkung gar nicht verfehlen – so wie auch das Vorangegangene nicht: Beethovens Ouvertüre zu „Die Geschöpfe des Prometheus“, der vierte Satz aus Dvoraks Symphonie „Aus der Neuen Welt“ – und dazwischen  ein netter Chor-Block. Moritz Guttmann und Markus Obereder haben da „Voices unlimited“ und den Mädchenchor des Musischen Gymnasiums eingeführt, allein und zusammen. Die Stücke reichten von einem Renaissance-Pater noster des Jacobus Gallus bis zu wirkkräftigen Chornummern unserer Zeit. Auch das zum Programm passend, zur Sehnsucht nach Frieden.

Christoph Matl ist nicht nur Lehrer an der Musikmittelschule Henndorf, sondern auch Schauspieler. Er ist als Führer durch das Programm in den Arbeitsmantel des Orchesterwartes geschlüpft. Vorbildlich kurz und anschaulich, ganz un-belehrend, dafür mit ein paar Sätzen pointiert ins Thema treffend: Genau so soll Moderation sein.

Bild: musicaantiqua.at
Zum Kommentar {ln:Jetzt brennen die Glühbirnen}