Ein Road Movie auf Schienen

 

ORGEL+FILM / DENNIS JAMES

02/04/2014 Eine rasante Verfolgungsjagd, ein strahlender Held, eine dramatische Liebesgeschichte und ein Happy End. Was will man noch? Genau, einen Orgelspieler, der die richtigen dazu Töne trifft…

Von Larissa Weigend

006Im Großen Saal des Mozarteums ging es am Dienstag (1.4.) rund, als wieder einmal der amerikanische Organist Dennis James hier gastierte. On screen: der angeblich einst bei den Amerikanern so beliebte Stummfilm „The General“.

Man befindet sich im Jahr 1926. Buster Keaton ist Johnnie Gray, eine Lokomotivführers aus des Südstaaten zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkrieges. Um den Respekt seiner großen Liebe Annabelle Lee nicht zu verlieren, meldet er sich zum Kriegsdienst, um für sein Land zu kämpfen - ohne Erfolg. Er sei als Lokomotivführer nützlicher denn als Soldat, heißt es. Ein Jahr später, seine Geliebte hatte sich schließlich von ihm abgewandt, entführen nordstaatliche Spione seine Eisenbahngarnitur „General“. Johnnie nimmt auf eigene Faust die Verfolgung auf. Mit originellen Ideen und einer kleinen – manchmal auch sehr großen – Portion Glück rettet er sich immer wieder aus kniffligen Situationen. Unter dem Tisch hockend belauscht er, wie die nordstaatlichen Generäle ihre Pläne schmieden. Das Publikum hält sich den Bauch vor Lachen, wenn der arme Johnnie ab und an einen Fuß in den Bauch getreten bekommt oder von einer Zigarette eines unachtsamen Soldaten gebrannt wird.

Dennis James und sein Stummfilm – ein im wahrsten Sinne „eingespieltes Team“: Mit scheinbar wenigen Mitteln verzaubern der Organist sein Publikum. Dennis James schafft es, die Musik selbst zum Akteur werden zu lassen, die die Handlung perfekt untermalt, aber auch ergänzt. Als Beispiel ist das irische Volkslied „Johnny I hardly knew ye“ zu nennen, das er in düsteren Situationen einfließen lässt. Spricht er damit den Protagonisten Johnnie an, oder bezieht er sich auf die Handlung des Liedes, das sich gegen Krieg ausspricht? Dennis James gelingt es, die Stimmung des Filmes mithilfe der gigantischen Orgel des Großen Saals, eines perfekten Repertoires an Stücken und einer mitreißenden Spieltechnik einzufangen und auf das Publikum zu übertragen.

Wie geht’s im Film weiter? In einer Geisel erkennt der Lokomotivführer seine große Liebe Annabelle. Johnnie rettet sie aus ihrer Gefangenschaft. Eine kalte, regnerische Nacht auf feindlichem Gebiet steht ihnen bevor – und zu allem Überdruss steigen Annabelle und Johnnie auch noch in eine Bärenfalle. Na, wenn's weiter nichts ist... Ironischerweise läutet Dennis James den anbrechenden Tag mit der lieblichen Melodie der „Morgenstimmung“ aus Peer Gynt an. Ein Road-Movie auf Schienen und Notenlinien, da wünscht man sich doch glatt zurück in den 20er Jahren des letzten Jahrunderts.

Bild: Archiv