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Tonale Lust und atonale Laune

SOMMERAKADEMIE / DOZENTENKONZERT

30/07/14 „Strauss und die Moderne“, womit natürlich „Jahresregent“ Richard gemeint ist, gilt ein Schwerpunkt der Sommerakademie. Im Dozentenkonzert am Dienstag (29.7.) im Solitär stand der Liedkomponist Strauss im sinnvollen Kontext seiner Zeitgenossen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Siegfried Mauser ist ein Meister des Gesprächskonzerts. Seine Conferencen sind wissenschaftlich fundiert, allgemein verständlich und haben noch dazu eigenen Witz. Ja, es ist ihm zuzustimmen, Arnold Schönberg musste ihn tun, weil es einer tun musste, den Schritt ins weite atonale Land – auch wenn die Tonalität bis heute weiterlebt und nicht so schnell sterben wird. Aber die chromatischen Exzesse der Zeit um 1900 benötigten einen Richtungswechsel. Der allerdings nicht nur in der „Wiener Moderne“ passierte, sondern auch im tonal bleibenden französischen Klassizismus, um nur ein Beispiel aus dieser spannenden Zeit zu nennen.

Siegfried Mauser ist ein kluger und mit allen stilistischen Wassern gewaschener Pianist, Ildiko Raimondi eine versierte Liedinterpretin, so konnte also nicht viel schief gehen an diesem Abend. Anfängliche Nervosität beider war wohl auch dem feucht-schwülen Wetter geschuldet. Die kostbaren, luziden, gar nicht so überbordend romantischen Klavierstücke und Gesänge Alexander Zemlinskys litten ein wenig unter gleichsam davon flatternden und falsch geschlichteten Notenblättern. Gleichviel, im „Waldgespräch“, einem wundersamen Eichendorff-Lied mit „Erlkönig“-Ambition, hatte die Sopranistin ihre Stimme gefunden und der Pianist seinen Überblick.

Nach diesem Jugendstil-Beginn meißelte Mauser Schönbergs allererstes atonales Klavier-Abenteuer op. 11/1 und die 6 kleinen, aber in sich großen Klavierstücke op. 18 aus dem Steinway, gar nicht trocken, sondern mit kontrollierter Emphase, als durchaus berührende Ausdrucksbilder. Und dann verströmte die Raimondi ihren ganzen lyrisch fundierten, aber mittlerweile metallisch legierten Stimmzauber im „Lied der Waldtaube“, noch dazu akzentuiert und wortdeutlich. Die virtuose Klavierbegleitung war unter Umständen eine Erstaufführung – folgte sie doch der Originalfassung Schönbergs und nicht, wie üblich, dem nicht ganz so komplexen Klavierauszug Alban Bergs.

Im zweiten Teil regierte dann Richard Strauss mit einer leuchtenden Blütenlese seiner Lieder-Hits von der „Zueignung“ bis zur „Heimlichen Aufforderung“, alles ohne Fehl und Tadel und mit gescheit dosierter, präzis formulierter Klangsinnlichkeit gesungen und gespielt. Dazwischen machte Mauser nachdrücklich auf kaum bekannte Klavier-Preziosen des 17jährigen Strauss aufmerksam, kleine Stimmungsbilder, Schumann verpflichtet, aber mitunter fast prä-impressionistisch angehaucht. Und der reiche Applaus wurde mit einer köstlichen Stimm-Exhibition frei nach Mozart belohnt, die Ildiko Raimondi selbst zu Papier gebracht hat.

Bild: http://www.ildikoraimondi.com / Sabine Hauswirth

 

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