Transzendenz und Dramatik

KULTURTAGE / TRAKl-GEDENKKONZERT

03/11/14 „Georg Trakl Gedenkkonzert“ in der Kollegienkirche im Rahmen der Kulturtage: Eine festliche Stunde Musik mit Mozarts Requiem im Zentrum - den akustischen und räumlichen Gegebenheiten entsprechend in weihevolle Wolken wabernder Töne gehüllt.

Von Gottfried Franz Kasparek

Die prachtvoll renovierte Kirche lässt sich sehr wohl bespielen. In Festspielzeiten tragen Akustiksegel zur Aufhellung des sonst allzu dicken Klang-Breis bei. Man kann, wie etwa Robert Moran bei den letzten „Aspekten“, faszinierend mit dem Nachhall komponieren. Man kann versuchen, das Beste aus der eigentlich misslichen Situation zu machen. Dies tat nun Helmut Zeilner, der neue Leiter des sehr ambitionierten Amateur-Orchesters der Salzburger Kulturvereinigung – und hatte Erfolg mit recht schnellen Tempi bei gleichzeitig möglichst akkuratem Nachhorchen der Nachhallpausen.

Dem Mozart-Requiem tut es gut, nicht zu sehr in romantischer Tragik und geheimnisvollen Vermutungen zu versinken: Denn so herrlich tänzerische Musik wie im „Domine Jesu“ konnte nur einer schreiben, der dem Tod prinzipiell gelassen ins Auge sah. Dass Mozart in seinem Sterbejahr so viel Kirchenmusik komponiert hat, hängt ja mehr mit seinen Hoffnungen auf eine Anstellung als Wiener Domkapellmeister zusammen, als mit Todesahnungen.

Dass er letztere vor allem in der letzten Phase der unvollendeten Komposition hatte, ist ebenso klar, wie dass der oft zitierte seltsame Brief an da Ponte („Die Stunde schlägt…“) mit größter Wahrscheinlichkeit eine Fälschung ist. Helmut Zeilner, trefflich unterstützt von der professionellen Konzertmeisterin Romana Rauscher und vom – soweit vernehmbar – exakt artikulierenden und ausgewogen gestaltenden Mozartchor Salzburg, brachte die grandiose Mischung aus Transzendenz und Dramatik, welche das Requiem auszeichnet, bestens zur Geltung. In der üblichen, von Franz Xaver Süßmayr fertig gestellten Version agierte das Solistenquartett mit Gerhild Zeilner, Magdalena Rueker, Virgil Hartinger und Rafael Fingerlos werkdienlich und stilistisch sicher.

Die Stunde des Baritons Rafael Fingerlos hatte schon zu Beginn des Konzerts geschlagen, als er mit viriler Stimmführung und edlem Timbre das Kunststück zuwege brachte, in dieser feindlichen Akustik die Uraufführung von Jakob Gruchmanns „Grodek“ sogar halbwegs textverständlich über die Runden zu bringen.

Sehr erfreulich auch, wie sicher und klangschön Zeilner und das Orchester die gar nicht simple Partitur erarbeitet haben. Gruchmann hat das letzte, erschütternde Trakl-Gedicht mit einer rhythmisch fundierten, direkt ansprechenden, mitunter „mahlerisch“ inspirierten musikalischen Gestik vertont, die berührende Stimmung erzeugt. Der 24jährige Komponist scheint seinen jugendlichen Eklektizismus ebenso gut überwunden zu haben wie er radikalen Avantgarde-Heilslehren widersteht. Da findet einer seinen eigenen Ton, mit dem in Zukunft zu rechnen ist.

Nur ein paar Minuten dauert Klemens Verenos „Nachtlied“ für vierstimmigen gemischten Chor a cappella, aber es sind erfüllte Minuten, die Trakls Dichtung kongenial dienen. Der Mozartchor, einstudiert vom ebenfalls neuen jungen Leiter Johannes Gierl, bewährte sich bestens. Viel Applaus für eine atmosphärische Konzertstunde am Vorabend von Allerheiligen – und drei Tage vor Georg Trakls hundertstem Todestag am 3. November.