Vergesst Banderas!

STIFTUNG MOZARTEUM / ORGEL & FILM / THE MARK OF ZORRO

12/11/14 Zorro lässt die Orgel sprechen und lädt zu einer Reise in die 1920er Jahre: Die erste Verfilmung der Abenteuer des maskierten Kämpfers gegen Willkür und Ungerechtigkeit lockt auch 2014 viele Zuschauer. Einige von ihnen erschienen – zu Faschingsbeginn am 11. November - mit schwarzer Maske, Cape und Hut.

Von Claudia Kraml und Nina Lichtenegger

Er ist ein Mysterium, ein Geist. Das Phantom, das über allem schwebt und selbst die stärksten Männer mit Schaudern erfüllt. Jede Sekunde kann Zorro in der Taverne auftauchen - und dementsprechende Nervosität verbreitet auch die Musik, die zwischen unheilvollem Dröhnen und schrillen Tönen des Entsetzens schwankt.

Dann ein Pochen – um den Bruchteil einer Sekunde zu spät, um die zuvor perfekte Illusion einer abgespielten Tonaufnahme aufrecht zu erhalten. Nein, es wird tatsächlich live gespielt, und dabei können eben auch solche kleinen Malheurs passieren. Dem stimmigen Gesamtbild tut das keinen Abbruch. Im Laufe der Vorstellung zog der meisterhafte Organist im wahrsten Sinne des Wortes alle Register. (CK)

In der Reihe „Orgel & Film“ wird die „Propter Homines Orgel“ im Großen Saal des Mozarteums live zum Film gespielt - und interagiert wunderbar mit diesem. Der amerikanische Organist und Stummfilmbegleiter Dennis James, Stammgast der Reihe, untermalt die humoristischen Elemente in Fred Niblos „The Mark of Zorro“ ebenso mitreißend, wie die Liebes- und Abenteuerszenen. Viele der Themen wiederholen sich leitmotivisch, wie in der Filmmusik üblich. Nur ist hier eben der gesamte Film mit Live-Musik unterlegt. Die Orgel kann die Emotionen des Publikums leiten und verstärken. Für seinen eleganten finalen Aufschwung hinauf auf den Balkon, wo die Angebetete seiner harrt, bekommt Fairbanks noch 2014 spontanen Applaus!

Sehr beeindruckend sind die Stunts im 1920 in New York uraufgeführten Film von Regisseur Fred Niblo. Vor allem der Hauptdarsteller Douglas Fairbanks spielt in einer eigenen Liga: Seine Bewegungen und seine Leichtfüßigkeit erinnern an die eines Parkourläufers. Mit der gleichen Eleganz und Selbstverständlichkeit überwindet Fairbanks Mauern, Tische, Esel – alles, was sich ihm in den Weg stellt. Auch die Slapstick-Einlagen sind sehr schön ausgeführt: Diese körperliche Komik - wie meisterhaft etwa Fairbanks den schlaffen Don Diego mit seinem virilen Zorro-Alter Ego kontrastiert - ist ja typisch für den Stummfilm, wo Humor nicht über das gesprochene Wort vermittelt werden kann. Dadurch werden Gestik und Mimik betont, aber nicht übertrieben. (NL)

Was dem Publikum mit „Orgel & Film“ also geboten wird, ist eine fesselnde Mischung aus Stummfilm und variationsreicher Orgelmusik, die im unsichtbaren Raum hinter der Leinwand entsteht. Während es einem Medium allein wohl kaum gelingen würde, eine derartige atmosphärische Dichte zu schaffen, greifen hier auditive und visuelle Reize auf beeindruckende Weise ineinander. Das Bild mag zwar flackern und immer wieder von schwarzen Punkten übersät sein – doch die Wirkung der seltenen Kombination bleibt ungebrochen. Und manchmal hört man das Surren des Filmprojektors…

Unter rasanten, den Saal mit ungestümer Intensität durchdringenden Klängen, jagen die tölpelhaften Soldaten den verkleideten Don Diego alias Zorro. Viel sanftere Töne werden hingegen bei dessen unbeholfenem Geplänkel mit der angebeteten Lolita (der legendären Stummfilmschönheit Marguerite De La Motte) angeschlagen. Oft sind in ausgelassenen Szenen bereits feine Nuancen einer anderen Klangfarbe herauszuhören, die im Folgenden das unvermeidliche Kippen der Stimmung begleiten. Abgerundet wird das Ganze durch die Slapstick-Elemente des Films, die auch über 90 Jahre nach seiner Entstehung für Heiterkeit sorgen. (CK)

Dass eine Geschichte über einen maskierten Helden auch heute noch begeistert, verwundert nicht. Filme mit Superhelden sind Kassenschlager, wie etwa die Batman-Reihe. Und Zorro gilt als Inspirationsquelle der Batman-Comics und Filme: Sie sind voller Zorro-Zitate und Anspielungen. So assoziiert man das Versteck Zorros gleich mit der Bat-Höhle, beide haben einen loyalen Diener, sind reich und ihre Verkleidungen ähneln sich. Die Liste der Parallelen ist lang.
Aber Stummfilm? Neben den offensichtlichen Unterschieden wie dem Fehlen des Tons, sind vor allem der ruhige Schnitt und die feststehende Kamera eine willkommene Abwechslung zu zeitgenössischen Filmen. Diese Elemente lenken nicht von dem ab, was auf der Leinwand geschieht. Die Bilder, die Orgel und die recht sparsam eingesetzten Zwischentitel sprechen für sich. Cineastische Kostbarkeiten wie „The Mark of Zorro“ sind eine wunderbare Alternative zu modernen Filmen. (NL)

Dieser Text ist entstanden im Rahmen der Lehrveranstaltung „Palimpsest und Festplatte“ am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg.
Bilder: The Mask of Zorro