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Vinyl gut, CD gut, alles gut

 

SALZBURGARENA / PETER GABRIEL

25/11/14 Born in the USA. The Joshua Tree, Purple Rain. Alben, auf denen jeder Song ein Anstoß für eine neue Weltsicht sein konnte und jede Melodie dem Pubertierenden Halt und Orientierung spendete, waren vor 25 Jahren genauso dünn gesät wie heute. „So“ ist so ein Album. Und „Back to Front“ ist die Zelebrierung vielleicht eines der besten Popalben - nicht nur der achtziger Jahre.

Von Sven-Kristian Wolf  

Die Beethovens, Wagners und Bruckeners tatens schon immer, David Bowie hatte die Idee, ein Studio- Album live komplett durch zu spielen, gar drei Alben gruselten The Cure durch das Berliner Tempodrom und machten daraus eine DVD. Ob diese Art der Live-Performance eine Alterserscheinung oder ein Wieder-Heraufbeschwören ach vergangener Zeiten ist sei dahingestellt. Spannend jedenfalls wird diese Idee dann, wenn in der Originalbesetzung musiziert wird und der Produktionsgeist, sei er auch über 25 Jahre alt, über der Bühne schwebt. Spannend auch, weil es sich um Musiker handelt, die – british understatement – nicht in den achtziger Jahren stehen geblieben sind: Drummer Manu Katche beispielsweise rührte bei Sting und Jan Garbarek die Trommeln und Bassist Tony Levin, Lord Voldemort ähnlicher denn je, groovte später noch bei King Crimson und David Bowie. Zuviel verlangt, dass sich die gesamte auf dem Vinyl verewigte Creme auf der Bühne ein Stelldichein gibt: Simple Minds‘ Sänger Jim Kerr, Kate Bush, Laurie Anderson, Youssou N´Dour und Police-Drummer Stewart Copland, um nur einige zu nennen.

War man nun zehn Jahre zuvor noch Frontman von Genesis und Chef von Phil Collins, krachte das fünfte Soloalbum, weniger experimentell und eingängiger als die Vorgänger, in die internationalen Hitparaden – auch wegen des von Aardman perfektionistisch realisierten Videoclips von „Sledghammer“. Apropos Perfektionismus: In „Talks at Google“ meinte Gabriel, dass er den „So“ Song „In your eyes“ gerne am Ende statt am Anfang der Platte gesehen hätte, die Nadel aber den fetten Bass des Songs am äußeren Ende des Vinyls nicht artgerecht übertragen könne. CD gut – alles gut.

Nur: Mit einer Platte füllt man keinen Konzertabend. Und es wäre auch um zwei Dinge schade gewesen: um den politisch aktiven Peter Gabriel und den Sound- und Bild- Stylisten. Beides wurde befriedigt – Gabriel im wahrsten Sinne von allen Seiten beleuchtet sozusagen. Zuallererst bei Saal-Licht.

Der Weg sei hier das Ziel und das Konzept, so Gabriel. Was wäre ein fertiges Produkt ohne den mindestens so spannenden Entstehungsprozess? So beginnt die Show im überdimensionierten Proberaum ohne Brimborium und in akustisch einwandfreier Bahnhofsatmosphäre. Es gebe, so Gabriel, als Aperitiv ein Akustik-Set, zum Hauptgang Hits in elektrischer Form, und- wenn das überstanden sei - als Dessert „So“ vom ersten bis zum letzten Song. Und das sympathischerweise auf Deutsch gesprochen.

Peter Gabriel wäre aber nicht er, würde er nicht junge Talente fördern, wie die beiden Musikerinnen als Vor-Aperitiv mit Cello und Xylophon und zweistimmigem Gesang.

Mit dem ersten amtlichen Snareschlag verabschiedeten sich nach dem Akustik-Set ebenso schlagartig die Saal-Scheinwerfer und Leben kam in die fünf von Maskenmännern gesteuerten Lichtkräne, die gerade zuvor noch wie erstarrte Gottesanbeterinnen hinter dem Schlagzeug geschlummert hatten. Hier wurde alles geboten, was die Musik optisch unterstützen konnte – mit dem eben schon bei früheren Tourneen bewährten menschlichen Einschlag der wie die Musiker selbstverständlich zur Show gehörigen Bühnenarbeiter. Besonders wirkungsvoll war dies bei „We do what we´re told“, einer Inszenierung zwischen „The Wall“ und „1984“. Richtig bunt wurde der Abend erst beim letzten Song, „In your eyes“.

Ein wiederum auf Deutsch vorgetragener Aufruf an das Publikum, bei Ungerechtigkeiten nicht tatenlos zuzusehen, einem Verweis auf das Massaker in Mexico, beendete den Abend – und die vom Publikum getragene Hymne „Biko“, das Erinnerungsstück an den südafrikanischen Bürgerrechtler Steven Biko hallte noch nach, als Peter Gabriel die Bühne schon verlassen hatte.

Bilder: 2014 Peter Gabriel Ltd. / York Tillyer

 

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