asdf
 

Grüße von der Spree

KULTURVEREINIGUNG / KONZERTHAUSORCHESTER BERLIN

10/02/15 Zum Ausklang ihrer Tournee, die in Österreich nur Salzburg berührt hatte, verbanden Michael Sanderling und das Konzerthausorchester Berlin zusammen mit dem Pianisten Martin Helmchen Russische Seele mit Wiener Klassik.

Von Horst Reischenböck

Serge Prokofjews unerwarteter Tod 1953 ist mit Stalins Ableben zusammen gefallen und war daher den Medien damals kaum eine Zeile wert. Vom Diktator, der ihm das Leben nach der ohnehin unverständlichen Rückkehr in die UdSSR schwer gemacht hatte, hatte derKomponist sich mit der Figur des Bösewichts Severyan im Ballett „Die steinerne Blume“ befreit. Prokofjew, der sich schon früh dem Tanztheater zugewandt hatte, etwa mit dem Ballet „Der Narr“, wird freilich bis heute vor allem mit „Romeo und Julia“ assoziiert. „Cinderella“ bekommt man ebenso selten zu hören oder zu sehen. Und auch die drei Orchestersuiten, die Prokofjew in „Mehrfachverwertung“ aus dem Cinderella-Ballett zog, konnten sich bis heute kaum im Konzertleben etablieren. Sie waren bislang auch in Salzburg nicht zu hören.

Wie spannend diese Musik sein kann, zeigte das Konzerthausorchester Berlin unter Michael Sanderlings beschwörender Stabführung am Freitag (6.2.). Denn abgesehen vom großen melodischen Schwung des Walzers, der den Zyklus eigentlich wirkungsvoll beschließen hätte sollen, dominieren in der ersten Suite op. 107 eher Prokofjews Sarkasmus und Skurrilität als Karikaturen von Aschenbrödels bösen Schwestern.

Beim Klavierkonzert Nr. 2 g-Moll op. 16 liegen die Dinge ähnlich, jedoch anders begründet. Stellt doch dieses große viersätzige Werk, mit dem der Komponist als Interpret in eigener Sache in seiner Heimat auf Unverständnis gestoßen und erst im Ausland erfolgreich war, nicht geringe Ansprüche an den Solisten. Auch bei diesem Werk liegt die letzte Aufführung in Salzburg schon wieder als 25 Jahre zurück. Für den Pianisten Martin Helmchen war's nun das exzellente Vehikel, um stärker als an den vorangegangenen Abenden im Großen Festspielhaus seine solistischen Qualitäten ins Rampenlicht zu rücken.

Stählern sehnig kam die exorbitant ausgedehnte Kadenz an Stelle einer Durchführung im Kopfsatz, aberwitzig konterkariert durch die Skalen im makaber motorischen Scherzo. Genauso beeindruckte Martin Helmchen im Intermezzo, auf dessen Blech-Passagen und drohend barbarische Klänge ein anspruchsvoll virtuoses Finale folgt. Dieses Finale ufert nach volkstümlichen russischen Klängen in lustvolle – einstmals provokative Dissonanzen – aus. Eine rundum beeindruckende Leistung, hingelegt im besten Einverständnis mit der gleichermaßen beflügelt musizierenden instrumentalen Assistenz.

Das russische Übermaß wurde nach der Pause auch in der Orchesterbesetzung auf Wiener Klassisches Ebenmaß reduziert - ohne dass damit dynamische Einbußen verbunden gewesen wären. Joseph Haydns Symphonie D-Dur Hob. I:104 Salomon, ein gewichtiges Opus, wurden Michael Sanderling und das Konzerthausorchester Berlin in jeder Weise gerecht. (Zum Haydn platzierte sich das Orchester übrigens in Wiener Sitzanordnung - was die Frage aufwarf, warum nicht auch beim Beethoven am Mittwoch.) Der thematische Diskurs und der Spielwitz, den Joseph Haydn auf alle vier Sätze verteilt, entfalteten sich unter Sanderlings anfeuernden Händen. Man spürt die historische Spielpraxis, expliziert etwa im Ausformulieren der - fast als gedanklicher Meilenstein hin zu Anton Bruckner wirkenden - großen Bögen. Ein herzlich bejubelter Abschied.

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014