Frau Musica lebt

ORCHESTER DES MUSISCHES GYMNASIUMS

26/03/15 Ein herzerfrischender Abend im Odeïon: Vier junge Solistinnen und ein Solist präsentierten sich mit dem Orchester ihres Musischen Gymnasiums. Da geht es nicht um glatte Perfektion, sondern um vitales Musizieren. Da könnte man gar nicht auf die Idee kommen, klassische Musik befände sich in einer Krise. Oder doch?

Von Gottfried Franz Kasparek

Der Saal war zu zwei Dritteln voll, was leider auch am Ort im suburbanen Niemandsland liegt. Neun von zehn Leuten kamen aus den Familien und Freundeskreisen der Spielenden. Und neun von zehn Spielenden stammen wohl aus einem mehr oder weniger akademischen Milieu, in dem die Künste seit Generationen gepflegt werden. Aber war dies jemals in der Geschichte anders? Wichtig ist, dass die Fackel weiter getragen wird, um es olympisch auszudrücken. Und dazu ist das Musische Gymnasium eine hervorragende Kaderschmiede. Nicht zu Unrecht besucht eine respektable Anzahl der Oberstufenschüler bereits vorbereitende Lehrgänge am Mozarteum. Pardon, es sind vor allem Schülerinnen. Was sich bei den Soli zeigt, setzt sich im Orchester fort. Die Zukunft der Musik ist weiblich dominiert. Ausgleichende Gerechtigkeit der Geschichte? Wäre es nicht gut, für mehr künstlerische Partnerschaft zwischen „Weib und Mann“, die laut Mozart und Schikaneder ja gemeinsam an die Gottheit angrenzen, zu arbeiten?

Immerhin steht ein Mann vor dem Orchester, aber der ist ein Professor, Markus Obereder. Er macht seine Sache gut, liebevoll und zweckdienlich. Apropos Perfektion: Es ist schon erstaunlich, welches Maß an Präzision und Balance, Klangschönheit und Animo ein solches „Jugendorchester“ mit fast nur Menschen unter 18, die noch dazu für die Matura lernen, heutzutage erreichen kann. Kleine Unfälle wirken da eher charmant und werden mit nahezu professioneller Technik überspielt. So wie die Geigerin Emily Turkanik nicht die Nerven verliert, wenn sie in der schwierigen Polonaise brillant von Henri Wieniawski kurz den Faden verliert. Die sie im Übrigen nicht nur beherzt, sondern auch mit schelmischer Natürlichkeit bewältigt.

Auch am Ende des Konzerts verzauberte eine Geigerin - die so ganz anders auftretende, geheimnisvoll romantisch wirkende Sarah Dragovic, von der man gerne das ganze Max Bruch-Konzert gehört hätte und nicht nur das glänzend artikulierte Finale. Dazwischen gaben die famose Flötistin Anna Ecker mit dem 1. Satz des G-Dur-Konzerts von Mozart und die Bratscherin Anne Rennenkampf mit der hingebungsvoll gespielten Bruch-Romanze ebenso beachtliche Proben ihres Talents, wie die Klarinettistin Hannah Stöger. Letztere wirkte mit den virtuosen Paraphrasen Luigi Bassis über Verdis „Rigoletto“ souverän, sowohl in technischer wie auch in gestalterischer Hinsicht.

Die Ehre der Männer rettete Benjamin Staiger, der im 1. Satz des Cellokonzerts von Antonín Dvořák sich kaum ein Problem anmerken ließ und mit großem Ton und erfülltem Ausdruck die slawische Seele träumen ließ. Auch von ihm hätte man gerne den Rest des Konzerts gehört, vielleicht mit einem hochwertigeren Cello.

Die sympathisch unprätentiöse Moderatorin hatte ein wenig mehr an Coaching gebraucht – na ja, ein „Violinenkonzert“ ist ähnlich lustig, wie der grassierende „Schweinebraten“. Ein- und Mehrzahl können schwer sein. Am Ende gab’s noch die Polonaise aus Tschaikowskis „Eugen Onegin“, Blumen und Jubel.