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Von Kopf bis Fuß auf Strauss eingestellt

OVAL / URSULA STRAUSS

02/03/16 „Meine Mutter war das schönste Milchmädchen aller Zeiten“, notierte die Tochter von Marlene Dietrich, Maria Riva, in ihrer Biographie über Marlene Dietrich. Die Passage vom Besuch der Dietrich mit Kind und Kegel 1937 in Salzburg ist eine großartige Tourismus-Satire.

Von Reinhard Kriechbaum

Da kam man also an, gerade noch rechtzeitig, um sich stilvoll einzukleiden vor dem Festspielbesuch. Tagsüber machte man auf „Urlaub am Bauernhof“ und sogar der Leibwächter bekam älplerische Klamotten verpasst. „Die Vorstellung von 'Heidi' konnte beginnen“, so Maria Riva spitzzüngig in ihrem 2001, zum 100. Geburtstag der Diva erschienenen Buch.

Daraus hat Ursula Strauss für den Abend mit dem vielleicht gar populistischen Titel „Marlene – echt schräg“ geschöpft.

Für „echt schräg“ ist Ursula Strauss nämlich viel zu ehrgeizig und zu gescheit sowieso. Ihr geht es bei der Textauswahl gerade um die Ambivalenzen zwischen Selbstanspruch und Obsessionen einer perfektionistischen Schauspielerin. Zwischen der eigenen Inszenierung und dem Umfeld, das nicht immer an ihre Genialität heran reichte, ergaben sich urkomische Diskrepanzen, die Marlene Dietrichs Tochter Maria Riva (selbst Schauspielerin) mit Empathie, auch mit viel Ironie und gelegentlich mit unverhohlenem Sarkasmus beschreibt.

Für eine Sprecherin vom Format der Ursula Strauss – von ihrer handwerklichen Perfektion könnten sich viele prominente Kollegen und Kolleginnen etwas abschauen – birgt dieser Text wunderbare Optionen. Die Stimmlagen der Diva und ihrer Tochter, das sachliche Beschreiben, der leise hintergründige Kommentar: All das dröselt Ursula Strauss so auf, dass man sehr erstaunt ist am Ende. Eine Stunde fünfzig Minuten waren da vorbei gerast.

Der Abend ist auch musikdramaturgisch überzeugend gefasst. Der Cellist Matthias Bartolomey war erst vor Weihnachten mit Birgit Minichmayr in Salzburg (bei der Szene im republic), spielte damals Schubert zu jenem Jelinek-Text, in dem Paula Wessely wohlverdient schlecht wegkommt.

Die Dietrich war schlauer. Sie ging ehzeitig nach Amerika und ließ sich, obwohl man es versucht hat, nicht vor den Entertainment-Karren des Dritten Reichs spannen. Ein Dietrich-Porträt fällt naturgemäß weltläufiger aus, wenn auch nicht weniger zeitkritisch (jedenfalls, wenn man auf die Zwischentöne hört, an denen es Ursula Strauss nicht fehlen lässt).

Dazu also macht Matthias Bartolomey mit seinem Duo-Partner Klemens Bittmann (Violine, Mandola) eine Musik, die mal echt heavy rockt und dann wieder abhebt und alle Erdschwere abstreift zugunsten der Poesie. Bartholomey/Bittmann („progressive strings vienna“) haben hohe Überzeugungskraft, wenn sie ganz bei sich sind. In dem Programm sind auch einige „echte“ Dietrich-Songs. Auch da ist man sich einig: keine historische Reminiszenzen, keine Stilkopie!

So wie die beiden Musiker unmittelbar sich selbst einbringen, hält's auch Ursula Strauss. Sie versucht nie die Dietrich zu sein (zuzutrauen wäre es ihr, das sie auch die eins zu eins rüber brächte). Sie ist ganz sie selbst. auch nicht Kommissar Schnell, sondern wirklich sie selbst. „Von Kopf bis Fuß auf Strauss eingestellt“, wenn man so will. Da bekommt „die fesche Lola, der Liebling der Saisong“ noch einmal eine ganz anders kecke Färbung und wenn sie hereinfegt mit „Kinder, heut’ Abend, da such ich mir was aus“, da geht man in Deckung als „Mann, als richtiger Mann“. Und da ist noch der ruhige, fast melodramatische Ausklang mit „Sag mir, wo die Blumen sind“... Ungebremste Begeisterung am Dienstag (1.3.) im Oval des Europark.

Bild: Oval / wildbild

 

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