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Melancholisch und fetzig

OSTERFESTSPIELE / KONZERT FÜR SALZBURG

14/04/17 Fast wirkte es wie eine Wiedergutmachung fürs dritte Osterfestspielkonzert der Staatskapelle Dresden: Nicht alle französische Symphonik der Spätromantik klingt so hohl und bombastisch wie die „Orgelsymphonie“ von Saint-Saёns. Die Symphonie B-Dur op. 20 von Ernest Chausson, aufgeführt am Donnerstag (13.4.) im „Konzert für Salzburg“, ist ein ganz anderes Kaliber.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Einleitung mag noch an die symphonische Schwermütigkeit Tschaikowskys erinnern, aber bald geht es so richtig eigenwillig los: Mit Stichleien gehen die Geigen los auf das in den Bläsern irgendwie originell-asymetrisch einherpurzelnde Thema. Ein permanentes Aufrauschen und Schwelgen kennzeichnet die Rahmensätze der einzigen Symphonie von Chausson aus den 1890er Jahren. Aber immer wieder erkämpfen sich die Solobläser Ruheinseln, behauptet sich also die Lyrik gegen das fetzig vorwärts Stürmende.

Lorenzo Viotti hat das außerhalb Frankreichs viel zu selten gespielte Werk (warum nicht öfters mal Chausson anstatt der d-Moll-Symphonie von César Franck?) sehr analytisch durchleuchtet. Doch dann hat er mit großem Atem und mit begründetem Vertrauen auf die Reaktionsschnelligkeit der Staatskapelle Dresden das Paket wieder zusammen geschnürt. Die vielen Stimmungsbrechungen sind ja das Wesentliche in Chaussons singulärer symphonischer Erzählung. Die gewaltigen Blech-Entwicklungen im langsamen Satz werden beispielsweise konterkariert durch beinah schrille Zwischentöne der Holzbläser.

So recht eingepeitscht hat Lorenzo Viotti den Finalsatz, der ganz unerwartet einen an den Beginn angelehnten, hymnisch-langsamen Ausklang findet. Zuvor aber wurde Außergewöhnliches sonder Zahl hörbar, sowohl im Chroma wie in der rhythmischen Organisation, die voller Querständigkeiten steckt.

Kann man anders als schwärmen über die schier grenzenlos belastbare Staatskapelle Dresden? Zum Abschluss haben die Bläser mit Ravels „Bolero“ nochmal eine Bravourleistung nicht nur an Präzision hingelegt. Viotti (Preisträger des Young Director's Award der Sommerfestspiele 2015) ist das besonnen angegangen, hat keine vorschnellen dynamischen Explosionen erlaubt. Wie wundervoll die beiden Saxophone da doch „hineingejazzelt“ haben.

Die erste Hälfte des „Konzerts für Salzburg“ gehörte Christian Thielemann und Daniil Trifonov. Es ging los mit Beethovens Egmont-Ouvertüre und weiter mit Mozarts Klavierkonzert C-Dur op. 467, das man ja schon zwei Tage zuvor an diesem Ort hörte. Daniil Trifonov ist um 50.000 Euro reicher heim gegangen: Ihm wurde der Herbert von Karajan-Musikpreis überreicht, eine seit 2003 ausgelobte Auszeichnung, die heuer erstmals nicht in Baden-Baden, sondern in Salzburg vergeben wurde.

www.osterfestspiele-salzburg.at

Bilder: OFS/Creutziger

 

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