Geistliches theatralisch veredelt

OSTERFESTSPIELE / VERDI REQUIEM

26/03/24 Verdis Messa da Requiem galt in Salzburg als Chefsache Herbert von Karajans. Immer wieder setzte er sich, alternativ mit den Wiener oder Berliner Philharmonikern in Abständen damit auseinander. Die Osterfestspiele erinnern mit der Anwesenheit der Accademia Nazionale di Santa Cecilia mit dem Werk gedanklich an ihren Gründer.

Von Horst Reischenböck   

Das 19. Jahrhundert brachte eigentlich nur drei sakrale Kompositionen von überregionaler und nachhaltiger Bedeutung aufs Tapet: Ludwig van Beethovens Missa solemnis und die beiden Totenmessen von Hector Berlioz und Giuseppe Verdi. Alle drei sprengen sowohl vom zeitlichen Umfang wie auch dazu erforderlichem Aufwand jeglich liturgischen Rahmen und sind deshalb auf Wiedergabe in entsprechend dimensionierten Konzertsälen angewiesen. Perfekt das Große Festspielhaus, in dem Dirigent Antonio Pappano am Montag (25. 3.) alle dynamischen Register zog und ausreizte.

Wen berührt nicht schon innerlich der Beginn, wenn so wie hier, der Coro dell‘Accademia Nazionale di Santa Cecilia die Bitte um „ewige Ruhe“ im zartesten Pianissimo verhalten in den Raum flehte, wisperte? Durchmengt war der Chor aus Rom mit dem Salzburger Bachchor, die Vokalisten wie heute üblich hinter den Instrumentalisten positioniert (und nicht, wie eins von Verdi seitlich links vom Orchester aufgestellt). Die Sängerinnen und Sänger verliehen etwa dem Sanctus-Doppelchor die gehörige Durchschlagskraft.

Dass zwischen Vorankündigung und tatsächlicher Besetzung im Konzert Änderungen in Kauf genommen werden müssen, davor sind auch die Osterfestspiele nicht gefeit. Konkret: Anstelle der Sopranistin Sonya Yoncheva sang Masabe Cecilia Rangwanasha. Sie bat zum Schluss nicht bloß um Rettung vor dem „ewigen Tod“. Nein, sie stellte vielmehr dieses ihr Ansinnen kraftvoll als Forderung in den Raum und erhob sich durchschlagskräftig über Chor und Orchester. Judi Kutasis Mezzosopran war ihr ebenbürtig, während der Tenor Luciano Gancis an Stelle von Jonas Kaufmann vorerst fast eine Spur zu metallisch dünkte. Aber seine Stimme verband sich im Vokalquartett (allesamt Debütanten bei den Osterfestspielen) im mors stupebit ausgezeichnet mit dem in der Tiefe eher introvertiert weich auslotenden Bass von Michele Pertusi.

Antonio Pappano, für den eigenen Worten nach „Musik Religion“ ist, hatte die Zügel fest im Griff, animierte das römische Orchester zu Höchstleistungen, etwa was die im Raum verteilt exzellenten Blechbläser, die zum Tag des Jüngsten Gerichts rufen, betraf. Und was die Gran Cassa, die Große Trommel, beisteuerte, lag mitunter weit über den Hammerschlägen in Mahlers Sechster.

Aufkommende Standing Ovations wurden übrigens rasch abgeblockt, weil Isabell Karajan und Intendant Nikolaus Bachler die Gewinnerinnen des heurigen Herbert-von-Karajan-Preises auszeichnete. Die Preisträgerinnen sind Lise Davidsen, Eve-Maud Hubeaux und Masabane Cecilia Ranhwanasha

Zweiter Terrmin am Karfreitag, 29.3., 19 Uhr - osterfestspiele.at
Hörfunkübertragung am Karfreitag, 29.3., um 19.30 Uhr, Ö1
Bilder: Osterfestspiele Salzburg / Erika Mayer