Carmen tanzt mit dem Tod

IM PORTRÄT / MAGDALENA KOZENA

30/03/12 „Carmen ist nicht irgendeine Partie. Sie ist fast schon ein Mythos, weil jeder Zuseher etwas anderes in sie hinein projiziert.“ Das mache es schwierig, „wenn nicht gar unmöglich“, für die jeweilige Sängerin, den unterschiedlichen Erwartungen zu genügen. „Der Ausweg kann daher nur sein“, so Magdalena Kožená, „die eigene Sicht auf diese Figur ehrlich auf der Bühne zu vertreten.“

alt„Das Publikum muss verstehen, warum sich jedermann in Carmen verliebt - obwohl es auf der Bühne auch noch jede Menge anderer hübscher Mädchen gibt“, sagt die Mezzosopranistin Magdalena Kožená. Sie wird bei den Osterfestspielen als Carmen debütieren. Ihr Don José ist Jonas Kaufmann. Geina Kühmeier wird als Michaela zu erleben sein.

Die Rolle der Carmen sei der Traum für jeden Mezzo, aber auch eine gewaltige Herausforderung: Rein technisch habe sie schon weit schwierigere Partien gesungen, die Herausforderung liege darin, ihr einzigartiges Charisma herauszuarbeiten. Für Magdalena Kožená ist Carmen „eine extrem mutige Frau, jemand, der sich stets für die Gegenwart entscheidet“.

Im Rollenrepertoire der Kožená dominieren Barockopern und Mozart, dazu kommen Octavian, Melisande, die Angelina in Rossinis La Cenerentola – und nun eben auch Carmen. Das „Zigeunerlied“ aus dem zweiten Akt habe sie einmal auf CD eingespielt, erzählt Magdalena Kožená – vor vielen Jahren mit Marc Minkowski und seinen Les Musiciens du Louvre: „Wenn man das mit Originalinstrumenten macht, unterscheidet sich das sehr stark von jener Carmen, die man gewöhnt ist.“

altFrüher habe sie mit der Französischen Sprache, „die von der Tschechischen Sprache sehr weit entfernt ist“, so ihre Probleme. Heute liebe sie es, so Magdalena Kožená, auf Französisch zu singen. „Diese Sprache ist wie ein phantastisches Gemälde, auf dem man viele Details erkennen kann. Während im Italienischen mehr der Klang im Vordergrund steht, geht das Französische viel stärker von den Wörtern aus. Ich mag das sehr gerne. Und es ist auch in Carmen sehr wichtig.“

Magdalena Kožená hat sich nicht nur stimmlich auf Carmen vorbereitet, sondern etwa auch Flamenco-Unterricht genommen und dabei die Erfahrung gemacht, „dass es sich beim Flamenco nicht einfach nur um einen Tanz handelt, sondern das damit eine ganz bestimmte spirituelle Haltung verbunden ist“.

altWeiters habe sie ein besonderes Verhältnis der Spanier zum Tod entdeckt: „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass der Tod als Höhepunkt des Lebens zelebriert wird. Das Bestreben ist, hundertprozentig zu leben und den Tod nicht als das Ende, sondern möglicherweise als den Anfang von etwas Neuem zu erleben. In der spanischen Kultur ist der Tod, denken wir nur an den Stierkampf, allgegenwärtig. Aber zugleich herrscht eine große Freude am Leben. Carmen hat etwas von dieser Haltung.“

Die in Brno geborene Mezzosopranistin hat am Konservatorium ihrer Heimatstadt bei Eva Blahová Gesang studiert. 1995 gewann sie den Internationalen Mozart-Wettbewerb in Salzburg. Es folgten Engagements in Brno und in Wien an der Volksoper. Im Jahr 2000 gelang ihr der internationale Durchbruch, als sie für die erkrankte Anne Sofie von Otter bei den Wiener Festwochen als Nerone in Monteverdis L’incoronazione di Poppea einsprang. Seither zählt Magdalena Kožená zu den gefragtesten Sängerinnen ihres Fachs. Ihre Liebe gilt nicht nur der Oper, sondern auch dem Konzert und dem Lied.

Das Gesprächt mit Magdalena Kožená führte der Dramaturg Peter Blaha - zum Volltext www.osterfestspiele-salzburg.at

Premiere von Carmen unter der Leitung von Sir Simon Rattle in der Regie von Aletta Collins ist am Samstag (31.3.), die zweite Aufführung am 9. April, jeweils um 18 Uhr im Großen Festspielhaus - www.osterfestspiele-salzburg.at
Bilder: Mathias Bothor/DG (1); Forster (2)