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Klangbäder erster Klasse

OSTERFESTSPIELE / BERLINER PHILHARMONIKER / RATTLE

30/03/10 Die glasklare Atmosphäre der perfekten Phantasie - so könnte man das Konzert der Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle am Montag bezeichnen. Denn besser kann man die klanglichen Wunder der Partituren von Ligeti und Berlioz, die auf den Pulten lagen, nicht zum Vorschein bringen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Dass bei Sir Simons Interpretationen immer ein kleiner Rest unerfüllter Emotion bleibt, damit muss man leben. Es spielt auch keine Rolle, wenn mit György Ligetis „Atmosphères“, dieser kühnen Impression von nach wie vor elementarer Kraft, ein reines und ungemein leuchtkräftiges Klangbad bereitet wird, dem freilich immer noch ein großer Teil des Publikums verständnislos gegenüber sitzt - sich aber nicht mehr in offener Ablehnung, sondern in noblem Schweigen übt.

Dies änderte sich schlagartig als Barbara Hannigan, Koloratursopran und Entertainerin mit Liza Minnelli-Touch, als aufreizender Todesengel die Bühne betrat. Ja, die Bühne, denn Ligetis „Mysteries of the Macabre“ wurden quasi szenisch gespielt, woran auch der zeitweilig von der Dame in Lack und Leder vom Pult vertriebene Rattle recht kauzigen Anteil hatte. So lustig und lustvoll, so schräg und unterhaltsam kann neue Musik sein. Wie eine schwarzhumorige Broadway-Show. Dabei sitzt bei Frau Hannigan nicht nur die knappe Kleidung, sondern auch jeder Ton. Unvergessen ist die Peter Sellars-Festspielproduktion der ganzen Oper „Le grand Macabre“ von 1997 – dieser Ausschnitt machte neugierig auf eine Wiederbegegnung mit dem singulären Stück. Das Publikum jubelte, als hätte soeben die Gruberova die Lucia gesungen.

Jubel gab es natürlich ebenso am Ende, denn die „Symphonie fantastique“ wurde glanzvoll exekutiert. Die Berliner Philharmoniker spielten in allen Gruppen ein famoses Konzert.

In einer riesigen Besetzung mit sechs Harfen, von denen Hector Berlioz sicher geträumt hat. Sir Simons Geschick im unglaublich transparenten Auffächern auch einer Hundertschaft von Musikern machte wieder einmal starken Eindruck. Der Gang zum Richtplatz verschaffte wohlige Gänsehaut, der Hexensabbath knallte unwiderstehlich in den Raum – und erwies sich als sehr verwandt mit Ligetis nicht weniger hintergründig hoffmannesker und gleichzeitig unverfroren plakativer Oper.

 

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