Geburtstagsgala mit Benefiz-Touch

PFINGSTFESTSPIELE / DANIEL BARENBOIM ZUM ACHTZIGER

30/05/23 Eine Hommage von Freunden und Wegefährtinnen für Daniel Barenboim war der Abschluss am Pfingstfestspiele. Das Große Festspielhaus war – bis auf den letzten der vielen zusätzlichen Podiumsplätze – prall besetzt. Das Publikum gab sich Ovations freudig.

Von Horst Reischenböck

Gleich zu Beginn galt der Jubel Altmeister Zubin Mehta, der in seiner Jugend mit Barenboim Kammermusik spielte. Ein paar Jahre älter als dieser schritt er mit Gehstock vorsichtig vor das eigens zu diesem Anlass aus Italien angereiste Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino. Dieses ist mit seinem ehemaligen Chefdirigenten Mehta noch immer eng verbunden.

Das führt zu praktisch nachtwandlerisch übereinstimmenden Ergebnissen. Etwa bei Ludwig van Beethovens dritter Leonoren-Ouvertüre, in deren langsamer Einleitung die Akzente nachdrücklich gesetzt und der stürmische Hauptsatz ebenso bestimmt, ohne Hast und mittels minimaler Gestik penibel aufgefächert präsentiert wurde.

Im Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37 beschränkte sich der Lang Lang einseitig auf einen mehrheitlich rein kämpferischen Aspekt, donnerte im Kopfsatz den Steinway mehrfach rubato-haft in nebulos verschwimmende Cluster-Tiefen hinab, so wie sie sich Beethoven sicher nicht vorgestellt hatte. Stahlhart federnde Technik, die selbst im dynamisch dann doch etwas zurückgenommenem Largo wenig lichtvolle Momente zeitigte. In Summe leider eher als Missverständnis zu werten, auf das die publikumswirksam nachgereichte Liebestraum-Zugabe doppelt überflüssig wirkte.

Des weiteren dominierten vorerst dann Vokalisten das Geschehen, sodass Mehta der beschwerliche Abgang und Wiederauftritt erspart blieb: Allen voran Rolando Villazón, der aus dem Nähkästchen seiner Beziehung zu Barenboim und den vielfältigen Auftritten unter dessen Leitung ab 2004 plauderte. Als Beleg dafür bot er Lenskis schmachtender Kuda, kuda-Arie aus Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Oper Eugen Onegin: Eine von ihm so nicht erwartete Rarität, differenziert, lyrisch und voll erstarkt tenoralem Schmelz tief emotional ausgekostet.

Ihn löste Sonya Yoncheva als Cio-Cio-San aus Giacomo Puccinis Madama Butterfly ab und verströmte ihre ausweglose Zuversicht mit strahlend durchdringendem Sopran in Un bel di vedremo. Der nächste frenetisch Auftrittsapplaus galt dann noch Altmeister Placido Domingo und seinem prachtvoll artikuliertem Nemico della patria als Gérard in Umberto Giordanos Andrea Chenier.

Als Überraschung präsentierte Cecilia Bartoli einen „jungen Nachwuchs-Dirigenten“ - Daniel Barenboim, der zuvor im Parkett saß und nun flugs Wolfgang Amadé Mozarts Ouvertüre zu Figaros Hochzeit aus dem Ärmel schüttelte.

Baremboim weilte 1952 das erste Mal in Salzburg und gastierte damals als Nachwuchs-Pianist bei den Schlosskonzerten in Mirabell. Zwei Jahre später kam er mit Wilhelm Furtwängler in Kontakt, der ihn einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen wollte und ihm zum Vorbild wurde, während er gleichzeitig am Dirgierkurs des Ukrainisch-Russischen Maestro Igor Markevitch an der Sommerakademie Mozarteum teilnahm.

La Bartoli sang die Arie des Sesto Parto, ma tu ben mio“ mit - im Unterschied zum prachtvoll artikulierenden Klarinettensolisten Riccardo Crocilla - eher verhaltenen Koloraturen. Abschluss und Höhepunkt war der Auftritt von Martha Argerich, die wie Barenboim aus Buenos Aires stammt. Nach kleinen Problemen mit der Sitzeinstellung gestaltete sie unter seiner Leitung mit ungebrochenem Elan das Klavierkonzert a-Moll op. 54 von Robert Schumann, lotete gleichermaßen differenziert die virtuos fordernden Soli der Ecksätze wie keusch zurückhaltend die intimen Momente im graziösen Intermezzo inmitten aus. Nur im ständig strapazierten und wacker mit-agierenden Florentiner Orchester schienen zuletzt doch geringfügig Ermüdungserscheinungen aufzutauchen. Nachdem Argerich und Barenboim dann noch in, wie schon am selben Ort zu andren Gelegenheiten praktizierter Gemeinsamkeit einer Seele vierhändig für Schumann am Klavier Platz genommen hatten, kannte die Begeisterung ohnedies keine Grenzen mehr.

Bilder: Adriano Heitman (1); Alberto Conticontrasto (1); Marco Borrelli (2)
Die Salzburger Festspiele Pfingsten 2024 finden von 17. bis 20. Mai statt. Das Programm wird während der diesjährigen Salzburger Festspiele veröffentlicht