Hochleistungssingen im "Venedig des Ostens"

REST DER WELT / SHAOXING / WORLD CHOIR GAMES

03/08/10 472 Chöre aus 83 Ländern - allein aus China waren es 276 Gruppen - mit zusammen über 20.000 Sängern, kamen zum weltgrößten Chorwettbewerb ins ostchinesische Shaoxing südlich von Shanghai. Auch fünf österreichische Chöre waren dabei und schlugen sich wacker.

Von Wolfgang Stern

altFür China ist es eine "kleine" Stadt. Rund zwei Millionen Menschen leben in Shaoxing, rund 230 km südlich von Shanghai. Die Stadt ist voller Leben, einerseits Down-Town mit den Geschäftsvierteln, andererseits noch das echte China mit idyllischen Gässchen und vor allem den anmutigen Kanälen, die der Stadt den Beinamen "Venedig Ostchinas" geben.

Enorm ist die Bautätigkeit im gesamten Land. Autobahnen, Hochgeschwindigkeitsstrecken für die Eisenbahn und ganze Wohnviertel entstehen in kürzester Zeit neu. Garküchen, Rikschas und - uns voraus - viele Elektromopeds und -roller prägen neben Luxusautos wie Audi und BMW das Stadtbild. Staus sind an der Tagesordnung, öffentliche Busse gibt es mit Klimaanlage (um umgerechnet 25 Cent). altTaxifahrer rechnen genau ab und kosten für die ersten 2 km 90 Cent. Ehrlichkeit und die oftmalige Ablehnung eines Trinkgeldes sind normal. Die Sprachschwierigkeiten, auch im Hotel, sind teils enorm und regen zum Improvisieren an.

Dort also fanden die sechsten World Choir Games. Man hatte die Stadt darauf abgestimmt: Kaum ein Winkel, eine Straße oder ein Kreuzungsbereich, wo nicht große Transparente oder Plakate zum Chortreffen zu sehen waren.

Im Zweijahresrhythmus organisiert der deutsche Chor-Eventveranstalter Interkultur World Choir Games, vor zwei Jahren war das Treffen in Graz. An den elf Festival-Tagen in Shaoxing haben sich 472 Chöre aus 83 Ländern beteiligt. Wie wird man eigentlich altChor-Olympionike? Es gibt natürlich Länder, die zu diesem doch größten Chorwettbewerb weltweit nur die besten Vertreter schicken. Ansonsten ist die Teilnahme aber frei - wobei ein gewisses Niveau eingehalten werden sollte. Die fünf österreichischen Ensembles haben sich aus eigenem Antrieb zu diesem Wettbewerb gemeldet und dabei im Mittelfeld erfolgreich abgeschnitten. Natürlich hat die weite Anreise und die damit in Verbindung zu bringenden hohen Kosten so manchen Chor, der in Graz dabei war - dort erreichte Österreich 2008 acht Goldmedaillen - abgehalten, nach Ostchina zu reisen. Entsprechend stark das Gastgeberland: es stelle mit 276 Gruppen beinah die Hälfte der Sänger.

Und die Besten? In einer eigenen Liga sangen, ähnlich wie in Graz 2008, der Stellenbosch University Choir (mit 95,75 von 100 möglichen Punkten der bestbewertete Chor) aus Südafrika (Leitung: André van der Merwe), der altTygerberg Children´s Choir unter der Leitung von Hendrik D. Loock (92,88 Punkte) sowie die Vocalista Angels aus Indonesien unter Yason Christy Pranowo (92,50 Punkte). Für über achtzig von hundert Punkten gab es Goldmedaillen. China hat deren 22 eingeheimst, Indonesien sieben, Südafrika sechs, USA und China/Hongkong je fünf. Von den europäischen Ländern erreichten die Niederlande drei, Italien und Spanien je zwei Goldmedaillen.

Die österreichischen Vertreter ersangen sieben Silbermedaillen, davon die Singakademie Graz drei, die weststeirische Gruppe „Gestern&Heut“ zwei und die Academy Singers aus Oberösterreich ebenfalls zwei. Den Achtungserfolg Österreichs vervollkommneten die aus zwei Buschen und vier Mädchen bestehende altGruppe „ThoKaWo“ aus Tirol mit einem und die "Lankowitzer Leiblknöpf" mit zwei Silberdiplomen im offenen Bewerb, wo eigentlich jeder Chor teilnehmen kann.

Großartige Hallen und Theater waren für die Umsetzung dieses Großbewerbes zur Verfügung gestellt worden, absolut gewaltig waren die Hinweise auf diese Games in der Stadt in Form von Plakaten, Transparenten und anderem. Das regionale Fernsehen berichtete nahezu rund um die Uhr über die Veranstaltungen, in den Tagezeitungen der Stadt und Region waren täglich Berichte, auch in Englisch, erschienen. Für die Beteiligten waren die Tage bei großer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit eine Herausforderung, die erst gemeistert sein wollte. Auch die Verantwortlichen am Ort lernten im Laufe der Tage dazu. Nach anfänglichen extremen Kontrollen wurde die Polizeipräsenz reduziert.

Die Begegnung mit dem chinesischen Volk war insgesamt eine herzliche, wir Langnasen das Fotomotiv schlechthin. Besonders mit den schönen Trachten fielen die österreichischen Teilnehmer auf und wurden immer wieder zu Erinnerungsfotos gebeten. Auch die Medien waren ganz scharf auf die ausländischen Gruppen.

Die 7. World Choir Games werden in zwei Jahren in Cincinnati/USA stattfinden. - Informationen: www.interkultur.com
Bilder: dpk/Wolfgang Stern
Zum ersten Bericht von den World Choir Games Olympisches Singen unter strengster Beobachtung