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Latte Macchiato bitte!

REST DER WELT / FILMFEST MÜNCHEN

16/07/12 Ein bisschen Glamour ist zurück in der Bayern-Metropole, die so gerne wieder eine richtige Filmstadt wäre, die aber in den letzten Jahren gegenüber Berlin zunehmend an Boden verloren hat. Und dies nicht nur aufgrund der Berlinale, welche ja in den letzten Jahren durchaus auch Kritik hinnehmen musste.

Von Andreas Öttl

Das Hauptproblem in München ist eher dass sich Filmfirmen zunehmend in der Hauptstadt ansiedeln und es junge Talente eher ins angesagte Berlin als ins mitunter angestaubt wirkende München zieht. Das „echte“ Kino wird mittlerweile fast nur noch in Berlin produziert, während in München Massenware und Fernsehen dominieren. Auch gut gemeinte Impulse wie der gelungene Neubau der HFF (Hochschule für Film und Fernsehen) helfen bisher nicht sehr viel.

Zumindest beim Filmfest München, das heuer 30-Jahre-Jubiläum feierte, war aber ein frischer Wind zu spüren, der nicht zuletzt der neuen Festivaldirektorin Diana Iljine zu verdanken ist. Überall in der Stadt waren die gegenüber den langweiligen abstrakten Designs der letzten Jahre sehr auffälligen Plakate zu sehen: eine schwarze Sonnenbrille auf rotem Hintergrund, dazu in weißblauer Schrift „FILMFEST MÜNCHEN“. Sehr passend, denn immerhin ist die Sonnenbrille bei Deutschlands sonnigstem Filmfestival ein unverzichtbares Accessoire um den angestrengten Augen nach Stunden in der Dunkelheit etwas Entspannung bei einem Latte Macchiato zu gönnen. Ein entspanntes Filmfestival ist das Münchner Filmfest aber ohnehin: erstens temperaturbedingt und zweitens weil das Business hier nicht im Vordergrund steht.

Was das Filmprogramm anbelangt, so ist dieses zwar weiterhin etwas schwammig und bietet hauptsächlich ein „Best Of“ des aktuellen Weltkinos sowie einen Blick auf das neue deutsche Kino. In dieser Reihe war mit Jan Ole Gerstners charmanter Loser-Ballade „Oh Boy“, die auch den Förderpreis für das beste Drehbuch bekam, auch eines der Highlights des Festivals zu entdecken. Bezeichnenderweise spielt auch dieser Film in Berlin und wurde von einer Berliner Firma produziert.

Zumindest von der weit mehr im internationalen Rampenlicht stehenden Berlinale grenzt sich das Festival aber dennoch deutlich ab – insofern als das politische Kino hier vergleichsweise wenig Platz hat und keine Scheu vor publikumsträchtigen Mainstream-Filmen besteht. Dies kam vor allem in den Hommagen zum Ausdruck die heuer Nicolas Winding Refn, Julie Delpy, Melanie Griffith, Todd Haynes, Loriot sowie dem Komponisten Giorgio Moroder gewidmet waren.

Und anlässlich des 30. Todestages von Rainer Werner Fassbinder durften natürlich auch einige seiner Filme nicht fehlen. Dennoch hätte man Münchens wohl wichtigstem Regisseur durchaus noch mehr feiern können, etwa mit einer kompletten Retrospektive. Was er wohl zur Entwicklung der Stadt gesagt hätte? Tatsache ist: Jemanden mit seiner unbändigen Leidenschaft brauchte es wohl, um der Filmstadt München nicht nur zu Glanz, sondern wieder zu internationaler Bedeutung zu verhelfen.

Das nächste Filmfest München findet von 28. 6. bis 6. 7. 2013 statt. - www.filmfest-muenchen.de
Bilder: Filmfest München

 

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