Kein Glück mit Gluck

REST DER WELT / LEIPZIG / ALCESTE

26/04/10 Blass auf allen Ebenen kommt Peter Konwitschnys Inszenierung von Glucks „Alceste“ an der Oper Leipzig daher.

Von Jörn Florian Fuchs

2013 jährt sich der Geburtstag Richard Wagners zum 200. Male und bis zum Jubeljahr stehen beängstigend viele Ring-Inszenierungen an. Auch die Theater in der "Provinz" widmen sich momentan verstärkt Wagners Weltendrama. Dabei ist das Sängerpersonal sehr begrenzt, das konnte man zuletzt in Bayreuth oder bei den Salzburger Osterfestspielen schmerzhaft erleben.

Was aber tut Leipzig? Natürlich gibt man auch hier einen Ring, allerdings nur konzertant. Szenisch Teil kommt voraussichtlich Peter Konwitschnys Stuttgarter „Götterdämmerung“ zu alten neuen Ehren. Und in den kommenden vier Jahren bringt Leipzigs Chefregisseur Konwitschny einen „Gluck-Ring“ heraus. Ein begrüßenswerter Kontrapunkt zum allpräsenten Wagner-Wabern, der Auftakt zur Gluck-Tetralogie indes misslang gründlich.

Seltsam ist schon die Auswahl des Notenmaterials, man spielt Teile der Wiener und Pariser Fassung, gesungen wird vorwiegend Italienisch. Szenisch plausibel ist diese neue ‚Leipziger Fassung’ nicht wirklich, der erste, beinahe eindreiviertelstündige Teil bietet erkleckliche Redundanzen, nach der Pause schnurrt der Handlungsrest dann binnen dreißig Minuten ab.

In diesem Finale tritt Herkules als Fernsehstar in einer Sendung namens „Hercool-TV“ auf. Er schwingt eine große Keule, heizt diversen neckischen Girlies ein und wiedervereinigt das vorher durch den Hades getrennte Paar Alkestis & Admetos. Im ersten überlangen Teil des Abends erzählt Konwitschny in archaischen Bildern von der Aufopferung Alkestis’, die für ihren Gatten Admetos in die Unterwelt geht, was dieser bekanntlich nicht goutiert. Ganz zu Anfang taucht noch ein reales Schaf auf und stolpert über die Bühne, später wird es (respektive sein Kunstfell-Double) geschlachtet. Der Rest ist handwerklich schwaches Pathostheater, das man zunächst für eine Parodie hält.

Alles in allem ist dieser Gluck eine szenische Bankrotterklärung, was wiederum zur musikalischen Seite passt. Am Pult steht (als Einspringer) George Petrou, der die Partitur vor allem als Knetteig benutzt. Die Phrasen werden endlos zerdehnt, es gibt keinen übergreifenden Bogen, dazu kommen etliche technische Patzer. Auch sängerisch schwelgt man nicht gerade im Gluck-Glück: Chiara Angella (Alkestis) singt ein schönes Piano, verwackelt aber oft die Höhen. Yves Saelens gibt einen lediglich soliden Admetos, Ryan McKinny wummert sich reichlich grob durch die Herkules-Partie.

Aufführungen bis 18. Juni - www.oper-leipzig.de
Bild: www.oper-leipzig.de / Andreas Birkigt