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Kameliendame mit Doppelgängerinnen

KLOSTERNEUBURG / LA TRAVIATA

Die Oper Klosterneuburg feiert heuer mit Giuseppe Verdis „La traviata“, dem letzten Werk der Trilogia popolare, ihr 25-jähriges Bestehen. Am Samstagabend (7.7.) fand die Premiere im sommernächtlichen Kaiserhof des Stifts Klosterneuburg bei perfekten Wetterbedingungen statt.

Von Oliver Schneider

Kaum haben die Opernhäuser ihre Pforten für die Sommerpause geschlossen, beginnt landauf landab die Sommer-Festivalsaison. Den Start in die Opern-„Sommersaison“ macht die seit 25 Jahren von Michael Garschall mit großem Erfolg geführte Oper Klosterneuburg mit Verdi. Christiane Lutz hat dafür die große Bühne im barocken Kaiserhof in zwei geneigte Spielflächen unterteilt: links eine für die eleganten Pariser Salons, rechts eine mit dem Garten von Violettas und Alfredos Heim auf dem Land.

Lutz erzählt das Schicksal der schwindsüchtigen Kameliendame als Rückblende. Zum Vorspiel werden die letzten Habseligkeiten Violettas in einem erhöhten, zusätzlichen Raum über der linken Spielfläche gleich nach ihrem Tod eiligst versteigert. Danach erzählt die deutsche Regisseurin klassisch, mit guter Charakterzeichnung und über weite Strecken stringenter Personenführung. Violetta bewegt sich permanent zwischen der Realität und ihren Träumen, weshalb ihr Lutz auch (tanzende) Doppelgängerinnen zur Seite stellt (Choreografie: Monica I. Rusu-Radman). Die Idee an sich überzeugt. Ob beim Brindisi gleich drei nötig sind, die sich doch – mit Verlaub – recht laienhaft bewegen, ist eine andere Frage. Im zweiten Akt dann kommt Violetta wegen ihrer Geldnot das sprühende Pariser Leben in den Sinn, während sie sich zwischen idyllischen Blumenbeeten bewegt (Bühne: Christian Andre Tabakoff). Auch diese Gedanken verbildlichen die Tänzerinnen.

Der hartherzige Giorgio Germont hat Alfredos kleine Schwester gleich aufs Land mitgebracht, um Violetta den Entscheid, auf Alfredo zu verlassen, noch dringlicher vor Augen zu führen. Mit einer Kurtisane an Alfredos Seite findet die Schwester keinen standesgemäßen Gatten. Auf Flora Bervoix Faschingsfest wird ein menschengrosses Rouletterad – Alfredo und Baron Douphol, Violettas neuer Liebhaber, spielen – von einigen Herren des Chors effektvoll gedreht.

Während dann die Faschingsgesellschaft im letzten Bild im erhöhten Raum Flora als die neue „Salonkönighin“ von Paris feiert, erlebt Violetta ihre letzten Stunden. Hier kann dank Verdis Musik und Piaves Text eigentlich in keiner Inszenierung etwas schief gehen. Auch in Klosterneuburg berühren diese Momente ganz besonders, zumal mit Eugenia Dushina als Violetta und Arthur Espiritu als Alfredo zwei Solisten zur Verfügung stehen, die Menschen aus Fleisch und Blut zu verkörpern wissen. Musikalisch liegt Espiritu eine Nasenspitze vorn, wenn er mit gut sitzender und voller Stimme verführerischen Schmelz verströmt. Dushinas Sopran fühlt sich am wohlsten im koloraturreichen ersten Akt, im dramatischeren zweiten Akt wirkt die Sängerin noch etwas verhalten, während sie ihre Stimme dann im Sterbebild nochmals lyrisch-innig aufblühen lässt.

Volksopern-Ensemblemitglied Günter Haumer ist trotz Kostüms und Maske (Kostüme: Natascha Maraval, Maske: Csilla Domján) ein jugendlicher Vater Germont, der den strengen Vater trotzdem überzeugend zu interpretieren weiss. Christiane Döcker, die 2013 am Young Singers Project bei den Salzburger Festspielen teilgenommen hat, singt eine tadellose Flora Bervoix. Ihre Rollengestaltung würde allerdings glaubwürdiger, wenn sie sich natürlicher bewegen würden. Sehr präsent ist in der Rolle von Violettas Dienerin Annina die junge Rumänin Florina Ilie.

Christoph Campestrini gestaltet Verdis Partitur nuancenreich, impulsiv und dynamisch. Dabei kann er mit der aus der Sinfonietta Baden hervorgegangenen Beethoven Philharmonie auf engagierte Musikerinnen und Musiker zählen. Kleine Koordinationsprobleme zwischen Bühne und Graben zu Beginn des Abends mag man der Premierennervosität zuschreiben. Auch die Damen des Chors der Oper Klosterneuburg kämpften am Premierenabend im ersten Akt mit der Homogenität (Einstudierung: Michael Schneider).

Insgesamt bietet die Oper Klosterneuburg im festlichen und akustisch idealen Kaiserhof eine gelungene Traviata-Produktion, die allemal eine Reise nach Niederösterreich wert ist. Wer es erst nächsten Jahr einrichten kann: Dann werden Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ auf dem Programm stehen.

Weitere Vorstellungen bis 5. August – www.operklosterneuburg.at
Bilder: Oper Klosterneugurg / Lukas Beck

 

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