Weiße arbeiten? Ein Traum! Das Paradies!

SOMMERSZENE / ANESTIS AZAS & PRODROMOS TSINIKORIS / CLEAN CITY

27/06/17 Wer sind die Frauen, die in den westlichen Ländern sauber machen? Die, kurz gesagt, den Dreck wegmachen, den andere hinterlassen? In „Clean City“ erhalten diese Frauen eine Stimme und berichten eindrucksvoll von Vorurteilen, Rassismus, Ängsten, aber auch von Träumen und Hoffnungen.

Von VERENA RESCH

Während der Wirtschaftskrise forderte die rechtsextreme Partei „Goldene Morgenröte“, Griechenland von allem Fremden zu „säubern“. Die Regisseure Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris stellten im Gegenzug die Frage „Wer macht eigentlich in diesem Land sauber?“. Denn wie in fast allen westlichen Ländern sind es auch hier vorwiegend Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen. Die Antwort auf ihre Frage geben sie mit dem europaweit bejubelten Stück Dokumentar-Theater „Clean City“, das nun auch im Rahmen der Sommerszene aufgeführt wird.

Im Schauspielhaus stehen fünf Frauen – Mabel, Rositsa, Fredalyn, Drita und Valentina – unterschiedlichsten Alters auf der Bühne, die eines gemeinsam haben: Sie alle kamen einst nach Griechenland mit der Hoffnung, auf ein besseres Leben. Und, an der Kleidung erkennbar: Sie sind jetzt alle Putzfrauen.

In „Clean City“ erzählen sie – begleitet von Videoeinschnitten und Gesangseinlagen – ihre ganz individuellen Lebensgeschichten: Sie kommen aus Südafrika, der ehemaligen Sowjetunion oder von den Philippinen. Sie sind Architektinnen, studierte Philosophinnen, Sängerinnen oder haben in der Heimat ihre Existenz verloren.

Eindrucksvoll berichten sie von der Ankunft im fremden Land und ersten Eindrücken: „Hier arbeiten Weiße? Das ist ein Traum! Das ist das Paradies!“ Vorurteile und Klischees werden auf den Punkt gebracht und auch der Humor kommt nicht zu kurz. Doch dann wieder bleibt das Lachen im Hals stecken, wenn es um den Moment geht, als die Kinder in der Heimat zurückgelassen werden mussten. Oder von den Avancen fremder und meist auch älterer Männer. Beschrieben wird auch die Angst, ein ständiger Begleite. Denn ohne Papiere ist man stets in der Gefahr, abgeschoben zu werden. Geradeheraus wird von schwierigen Behördenwegen erzählt und von so manchem Teufelskreis: Keine Aufenthaltsgenehmigung ohne eine bestimmte Anzahl von Arbeitsjahren, die ohne Papiere aber nicht nachgewiesen werden können...

Mabel, Rositsa, Fredalyn, Drita und Valentina schildern eindrucksvoll die Zerrissenheit zwischen der Sehnsucht nach dem Heimatland und der fehlenden Kraft, um erneut von vorn zu beginnen. Trotz so manch beklemmender Episode werden keinesfalls Pessimismus oder Schwarzmalerei verbreitet. Im Vordergrund stehen Humor und die wahrgewordene Hoffnung auf ein besseres Leben, die sich spätestens dann erfüllt hat, als die Tochter eine Eins in Altgriechisch erhält –„Das schaffen nicht mal Griechen!“ oder eine andere Tochter mit der griechischen Damen-Basketballmannschaft bei der EM die Silbermedaille holt. Und es geht darum, wie wichtig es ist, sich die eigene Würde zu bewahren.

Zweite Aufführung heute Dienstag (27.6.) im Schauspielhaus - www.szene-salzburg.net
Bilder: Szene Salzburg