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Wandertag für einen Countertenor

BIENNALE / NARCISSUS UND ECHO

13/03/11 Kalt lässt der hübsche Narcissus die Nymphe Echo abblitzen. Der eitle Tropf wird dafür heftig geschlagen von einer Verwünschung: Er verliebt sich in sein Spiegelbild im Wasser. Immer, wenn er danach greifen will, ist sein virtueller Liebling auch schon wieder perdu.

Von Reinhard Kriechbaum

altHübsche Geschichte vom vergeblichen Lieben- und Fassen-Wollen. Da lässt sich was machen draus. Hör nach beispielsweise bei Beat Furrer, dessen „Narcissus“ Mitte der neunziger Jahre uraufgeführt wurde.

Wir waren am Samstag (12.3.) in der Rainberghalle angehalten, beim Amerikaner Jay Schwartz nachzuhören. Das ist ein Werk (und eine Inszenierung), bei der sich Hirsch und Vögelchen gute Nacht sagen. Wie die Tierlein halt so symbolkräftig kreuchen und fleuchen in Arkadien.

Wie man in den Wald der Postmoderne hineinruft, so tönt es zurück. Vom Renaissance-Madrigal bis zu selbstverliebt-leerlaufenden Passagen à la Paganini zieht Jay Schwartz alle Register eines unterdessen etwas abgegriffenen Zitatwerks. Die Echo- und die Narzissus-Geschichte interpretiert er als zwei Seiten einer Medaille (zu viel erwarten/wollen vom Anderen). Drum sind die beiden Akte auch schön geometrisch gebaut. Damit jene Zuhörer, denen das Schematische nicht sogleich auffällt, die Sache auch wirklich mitbekommen, gibt es einen Programmzettel. Da sind Struktur, lateinischer und deutscher Text  in ordentlichen Diagramm-Kästchen verteilt.

altDie Geburt dieser Österreichischen Erstaufführung war keine leichte. Schon vor einem Jahr hätte die Kammeroper „Narcissus und Echo“ im Mittelpunkt einer dem Amerikaner Jay Schwartz gewidmeten Themennacht des Landestheaters stehen sollen. Das ist am Geld gescheitert. Jetzt aber war es so weit, mit Hilfe der Salzburg Biennale und eines Madrider Veranstalters (dort wird „Narcissus und Echo“ in anderthalb Wochen zwei Mal aufgeführt).

Tilman Hecker ist Regisseur, die Ausstattung ist von Moritz Nitsche. Die Felsenwände sind zuerst abgehängt mit schwarzem Tüll. Immer und immer wieder umkreist der Countertenor Charles Maxwell, der das Werk 2009 an der Bayerischen Staatsoper aus der Taufe gehoben hat, diese Blackbox. Auch der Bratschist (Werner Dickel) nimmt verschiedenste Plätze ein. Auf der Bühne frei gelassen: ein kleiner Guckkasten, wie ein Käfig, von dem aus Seile durch den Zuschauerraum führen. Das wird wohl altmit Herzensbindung zu tun haben, weil die Konstruktion zerreißt, nachdem Echo mit ihrer Liebe gescheitert ist. Die Dame – eine Statistenrolle – sitzt erst auf einem Tisch vor einer Stillleben-Schale, umgeben von einem repräsentativen Sortiment an Riedl-Gläsern (ihnen werden Glasharmonika-Töne entlockt). Nach der Zurückweisung durch Narziss ist sie eine alte bucklige Dame in Schwarz.

Das ist alles sehr vordergründig hintersinnig. Und die Musik lässt keinen Zweifel daran, dass wir es mit einem Gefangenen in sich selbst und auch mit Echo zu tun haben. Es folgt irgendwie immer das Gleiche aufs Selbe. Narcissus darf schöne und dann wieder mäßig expressive Kantilenen singen. Er wird filmisch gedoubelt, wenn er sich selbst gegenübersteht. Auch da immer gleiches  Hin- und Hergehen. Zuletzt erschießt Narcissus sich, aber diese Szene lässt einen ebenso kalt wie die anderthalb Opernstunden zuvor.

Beflissener Beifall für die Ausführenden und auch den an der Orgel sitzenden und zeitweise mit einem Leuchtstab dirigierenden Komponisten.

„Narcissus und Echo“ wird am 24. und 25. März im Madrider Teatros del Canal aufgeführt.
Bilder: Biennale / Christian Schafferer

 

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