asdf
 

Professorin, Ritterin und Madame

IM PORTRÄT / GENEVIÈVE GEFFRAY

03/05/11 „Immer wieder, wenn ich im Konzert sitze und Mozart höre, oft mitten in der Mozartwoche, sage ich mir: 'Hast du ein Glück, dass du für diesen Menschen arbeiten darfst.'" - Nein, sie hat nicht selbst eine Archiv-Nummer in der "Bibliotheca Mozartiana", der sie seit 1973 als Chef-Bibliothekarin vorsteht. Obwohl man sie insgeheim zum fixen Inventar rechnet. Aber nicht mehr lange ist Madame Geffray für die Stiftung Mozarteum tätig, Ende Mai geht sie in Pension.

Von Heidemarie Klabacher

altIn seinem zum Mozart-Jahr 2006 entstandenen Film "Der Wadenmesser" war auch Geneviève Geffray in einer Szene zu sehen, im Autographenkeller der Stiftung, dem "Fort Knox der Mozart-Forschung", wie es Palm formulierte. Sie küsst die papierenen Devotionalien nicht, auch wenn sie mit ihnen allein ist. Das dürfen wir der lieben Madame Geffray getrost glauben.

Für die Wissenschafterin gehören die Autographe, die in einem Tresorraum im Keller des Mozart-Wohnhauses lagern, quasi zum Alltag. "Mozart hätte mit Handy, SMS und den Abkürzungen - 24U - seine Freude gehabt". Geneviève Geffray, die Leiterin der Bibliotheca Mozartian der Stiftung Mozarteum, erweckt  die unermesslich kostbaren Schätze im Hochsicherheitsbunker unter Mozarts Wohnhaus zu ganz aktuellem Leben, holt sie heraus aus musealen Vitrinenlicht.

Bei den Führungen sehe sie immer wieder, „wie sehr es den Menschen unter die Haut geht, vor den Originalhandschriften zu stehen“. Das gelte nicht nur für Berufsmusiker oder Wissenschaftler. "Schauen Sie - was für eine energische Handschrift für ein siebenjähriges Kind. Ein Kind das nicht gezögert hat, seine Musik zu schreiben." Geneviève Geffray erzählt, dass sie immer wieder berührt sei, wie ehrfürchtig etwa Politiker vor den Vitrinen stehen, die ganz andere Probleme und Interessen in ihrer Welt haben“.

„Meine große Leidenschaft war schon immer die Musik, aber ich war zu faul, wirklich selber ausübend Musik zu machen.“ Musiklehrerin war auch keine Perspektive - "schon gar nicht nach den Studentenunruhen 1968". Geneviève Geffray, 1945 in Paris geboren, studierte Sprachwissenschaften an der Universität Paris-Nanterre, arbeitete nach dem Studium kurz in einer Bank („Ich habe mich dabei zu Tode gelangweilt“), danach als Produktionsassistentin für klassische Musik in einer Schallplattenfirma in München.

alt1973 kam sie nach Salzburg. Die Bibliotheca Mozartiana war damals noch eine Leih- und keine wissenschaftliche Bibliothek. Reine Bibliotheksarbeit stand denn zunächst auch auf der Tagesordnung der neuen Bibliothekarin. Dazu kam für gut zwölf Jahre die Mitbetreuung der damals jährlich wechselnden Ausstellungen in Mozarts Geburtshaus. Im Mozartjahr 1991 folgte mit der wissenschaftlichen Mitarbeit an der Landesausstellung „Mozart – Bilder und Klänge“ in Schloss Klessheim einer der Höhepunkte. Seit 1998 trägt Geneviève Geffray die Verantwortung für die Redaktion des Almanachs der Mozartwoche. Da konnte sie, wie sie erzählt, ihre "zweite Leidenschaft, die Bildende Kunst, einbringen und Ikonographie und Musik verbinden.“ Auch für das Programmbuch zur Mozartwoche wird sie, dann schon Pensionistin, verantwortlich sein.

Man sieht Geneviève Geffray oft als leidenschaftliche Musikhörerin in Konzerten. „Meine große Leidenschaft war schon immer die Musik, aber ich war zu faul, wirklich selber ausübend Musik zu machen.“ Musiklehrerin war auch keine Perspektive - "schon gar nicht nach den Studentenunruhen 1968". Ihre besondere Liebe galt und gilt, neben Mozart natürlich, noch heute Bach und den Romantikern Brahms und Schubert.

Ihr Lebenswerk hat sie allerdings in ihrer Freizeit geschrieben und nicht im Auftrag der Stiftung Mozarteum: Vierzehn Jahre lang hat Madame Geffray an der Übersetzung der gesamten Korrespondenz der Familie Mozart ins Französische gearbeitet. Sieben Bände sind es geworden! „Das ist auch so eine Arbeit, die nur mit Leidenschaft ging und weil ich keine Familie habe.“

Durch die Briefübersetzungen sei sie mit Mozart so bekannt und vertraut geworden, dass sie sich oft gefragt habe: „Wer ist das jetzt? Mein Sohn, mein Geliebter, mein Vater?" Hin und wieder habe sie sich geärgert über ihn, "als ich so manche Lüge zwischen den Zeilen las".

In einem Satz räumt sie mit Legenden auf: "Mozart hat gut verdient, hat aber auch viel ausgegeben." Geneviève Geffray weist auf einen Brief Mozarts an seinem Logenfreund Puchberg: "Innerhalb von 24 Stunden braucht er 1200 Gulden. Es gehe um seine Ehre, schreibt Mozart. Wir wissen es nicht genau - aber das können Spielschulden sein." Geneviève Geffray macht weiter anschaulich: "200 Gulden hat er für 'Don Giovanni' bekommen. Für 1200 Gulden hätte sechs Mal Don Giovanni schreiben müssen."

Trotz ihres Mozart gewidmeten Lebens betont Geneviève Geffray: „Mozart kennt man nie ganz.“

Seit 2007 ist Geneviève Geffray „Chevalier des Ars et Lettres", und im Jahr darauf wurde ihr der Berufstitel „Professor" verliehen. Aber ihr eigentlicher Ehrentitel, für die Kolleginnen und Kollegen der Stiftung Mozarteum und für die vielen anderen Leute, die mit ihr zu tun haben, ist "Madame".

Bilder: ISM
Zum Bericht {ln:Klarer Fall von abgeschrieben!}

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014