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Bruckners „Siebente“: Weich statt wumm

FESTSPIELE / ISRAEL PHILHARMONIC ORCHESTRA / MEHTA

27/07/12 Ausgerechnet in der Konzertpause hat sich der Chor in der Hofstallgasse – dem schönsten Festspielfoyer, wie wir wissen – von seinen Bussen abholen lassen. Da mussten die Pausen-Promenierer am Donnerstag (26.8.) schon mal schauen, wo sie bleiben.

Von Reinhard Kriechbaum

Freilich: Gewundert hat einen dieser End-Abgang des New Yorker „Collegiate Chorale“ nicht, denn eigentlich hatte schon das eröffnende „Te Deum“ von Bruckner nach überstürztem Aufbruch geklungen. Eine letzte Salzburg- Pflichtübung für die vokale Hundertschaft, die an den Abenden zuvor mit Musik von Noam Sheriff und Arnold Schönberg sehr gefordert war. Da ging, so schien’s, das „Te Deum“ einfach drunter: lautstark, plan- und lustlos. Alle Noten wurden pünktlich abgeliefert, ja eh.

So dürfte ein Kirchenmusikwerk in einer „Ouverture spirituelle“, die ihrem Etikett entsprechen will, nie und nimmer klingen. Aber vielleicht war es auch nur eine ganz echte, ungeschönte Begegnung von Christentum und Judentum. Das Israel Philharmonic Orchestra und (ober-)österreichische Lammfrömmigkeit – klingt eben nur theoretisch spannend. Und wenn die New Yorker Religions-Statistik auch für „The Collegiate Chorale“ gilt, dann hätten dort die Methodisten, Baptisten und freien Evangelikalen die deutliche Stimmenmehrheit. Spricht alles gegen ein erzkatholisches „Te Deum“…

Eine Wiedergabe auf kleinstem gemeinsamem Nenner also, aber mit namhaftem Solistenquartett: Krassimira Stoyanova, Iliana Nikiteanu, Robert Saccà, Andreas Hörl. Die seifige Sologeige, der Freistil-Einsatz des Basssolisten, der kaum modellierte Chorklang – rundum mehr Gottvertrauen als Proben.

Dann aber hat sich das Blatt glücklicherweise gewendet. Zubin Mehta ist schließlich in seiner Wiener Studienzeit von Hans Swarowsky geprägt worden. Er hat ein Werk wie Bruckners „Siebente“ mit all ihren Großraum-Optionen sozusagen im kleinen Finger. Interessant der Vergleich: Heuer zu Ostern hat er mit den Berliner Philharmoniken in Salzburg die „Achte“ gemacht. Die haben ganz andere Qualitäten als das Israel Philharmonic Orchestra. Weich statt wumm. Darauf weiß Zubin Mehta einzugehen. Er nutzt den Streicherklang seines Orchesters, der umso mehr überzeugt, je näher die Geigen der G-Saite kommen. Die Tuben klingen beim Israel Philharmonic Orchestra auch ganz anders, und das schwere Blech sowieso. Wie lyrisch die Trompetenmelodie am Beginn des Scherzo klingen kann, und wie folgerichtig Mehta die lyrischen Qualitäten weiterspinnen lässt: Das hat etwas sehr Eigenes. Mehta ist ein begnadeter Bruckner-„Sänger“, er hat ja auch zu Ostern aus der Achten so manche unerwartete Lyrismen destilliert, dann aber zu blechsatten Klangkronen gebündelt. In der „Siebenten“ wirkte das alles zurückgenommen, trotzdem von unerschöpflichem Atem getragen. Reizvoll im Detail, mit wie viel Charisma die Holzbläser im Finalsatz das musikantische Einleitungsthema aufgegriffen haben.

Zubin Mehta geizte auch diesmal nicht mit Minuten. Nie würde er bei Bruckner tempomäßig über die Stränge schlagen. Deutlich mehr Tiefe als Knallerei – und dementsprechend am Ende gar kein Bravo-Toben im Auditorium, aber wohlverdiente standing ovations.

Bilder: SF / Oded Antman

 

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