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Vom urdeutschen Wunder-Horn

OSTERFESTSPIELE / STAATSKAPELLE / MYUNG-WHUN CHUNG

25/03/13 Hat Webers „Freischütz“-Ouvertüre irgendetwas zu tun mit Mahlers Erster Symphonie? Und passt Beethovens Viertes Klavierkonzert dazwischen? Hinter dem kulinarischen Pasticcio im ersten Konzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden bei den Osterfestspielen konnte man doch eine Art inhaltlicher Klammer ausmachen.

Von Reinhard Kriechbaum

Sagen wir es arg vereinfachend: romantisches Waldhornwesen vom unverdorbenen Anfang bis zum karikierenden Endpunkt. Carl Maria von Weber steht mit seinem „Freischütz“ ja für eine Art Nationaloper. Wie aus dem urdeutschen Eichenwald tönen da die hornseligen Melodien. In Mahlers Erster Symphonie hat der Hörnerklang längst seine Unschuld verloren, bohrt sich mit Ironie in das liedartig tönende Umfeld aus „Des Knaben Wunderhorn“. Dazwischen freilich hätte man gut anderes vorstellen können als Beethoven. Schumanns Konzertstück für vier Hörner etwa? Es hätten sich vermutlich dutzendweise Werke gefunden, die besser gepasst hätten als Beethovens Viertes Klavierkonzert.

Evgeny Kissin war der Solist. Er setzt gerne virtuos leuchtende Akzente, vielleicht ein wenig mehr eitel, als aus dem Notentext selbst heraus begründet. Wer sich mit solchen Effekten anfreunden mag, wird von Kissin bestens bedient. Ob aber die latente Spannung zwischen Solopart und Instrumentalsatz nicht mehr konstruktive Reibung bereit hielte? Myung-Whun Chung, seit dieser Saison „Erster Gastdirigent“ der Staatskapelle und damit orchestraler Sub-Chef nach Christian Thielemann, kann viel anfangen gerade mit den Romantizismen dieses Werks. Seine reichen agogischen Varianten hat der Solist zwar aufgegriffen, aber nicht immer schlüssig „zurückgespielt“. Das hat prompt zu einigen Unschärfen im Zusammenspiel geführt, die der Dirigent so wohl nicht vorhersehen konnte.

Es war also der erste Konzertabend des neuen „Osterfestspiel-Orchesters“. Der individuelle Streicherklang in der „Freischütz“-Ouvertüre hat aufhorchen lassen. Vor allem aber dann die reichhaltigen Holzbläserfarben bei Mahler, beileibe nicht nur dort, wo deftiges Karikieren gefragt ist. Myung-Whun Chung hat Tempoveränderungen ausgereizt, gelegentlich wirkte die Sache schon grenzwertig. Aber der gebürtige Koreaner mit hoch entwickeltem Sensorium fürs Romantische zieht das mit kapellmeisterlicher Präzision durch. Dem konnten sich auch die Zuhörer, die zuvor schon Evgeny Kissin hatten hochleben lassen (und ihm eine äußerst rasante „Wut über den verlorenen Groschen“ entlockt hatten), am Montag (24.3.) im Großen Festspielhaus nicht entziehen.

Bilder: OFS / Matthias Creutziger

 

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