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Apokalypse anders

ORATORIUM / DIE LETZTEN DINGE

07/06/13 Klafft wirklich zwischen Joseph Haydns großen Oratorien und jenen von Felix Mendelssohn zeitlich eine Lücke? Mitnichten: Louis Spohr, ein schön langsam wiederentdeckte Zeitgenosse etwa Carl Maria von Webers, ist zwar nicht das „Missing Link“, schuf jedoch auch beeindruckende Beiträge zur Gattung.

Von Horst Reischenböck

Zeitgenossen schätzten Spohrs Oratorium „Die letzten Dinge“ WoO 61 über die Offenbarung Johannes. Kann es sein, weil es weniger „aufregend“ ist, Franz Schmidt mit seinem „Buch mit sieben Siegeln“ hundert Jahre später den Rang ablief? Seit rund 30 Jahren erlebt Spohrs Werk eine (zaghafte) Renaissance. Nun auch im Mozarteum, im sechsten und letzten  Abonnementkonzert dieser Saison am Donnerstag (6.6.). Übrigens liegt im Archiv der Salzburger Liedertafel ein Widmungs-Autograph des Komponisten an den ersten Direktor Aloys Taux. Eine Aufführung damals lässt sich jedoch nicht belegen.

Spohr knüpfte an dem ihm bekannten, etwa durch Georg Friedrich Händel vorgegebenen Modell an. Es ging ihm, der als katholisches Mitglied der Freimaurer beim Eintritt in die Loge auf die Bibel schwören musste, nicht um liturgische Musik. Auch Textautor Friedrich Rochlitz zitierte nur an zwei Stellen direkt aus der Luther-Übersetzung.

Von der Verankerung in der Tradition künden beispielsweise die jeweils rein instrumentalen Einleitungen beider Teile. Die Ouvertüre und die Sinfonia, in der bereits jene Chaconne auftaucht, die dann später auch die Grundlage für den homophonen Chorsatz „So ihr mich von ganzem Herzen suchet“ liefert. Das war vom Mozarteumorchester mit nahezu vibratolos gespielten Streichern (angeführt durch Konzertmeister Markus Tomasi) exzellent ausgeführt. Ventillose Naturhörner wie –Trompeten lieferten zusätzlich geschärfte Klänge und akzentuierten auch später besonders dramatisch die Gerichtszene.

Den Gesangssolisten sind primär rezitativische Aufgaben zugeteilt. Andrew Foster-Williams lieferte mit seinem Bass eindrucksvolle Schilderungen, Jeremy Ovendens viril geführter, ausdrucksstarker Tenor wird bei den Festspielen diesen Sommer unter Nikolaus Harnoncourt erneut zu erleben sein. Dazu fügte sich schlank Katharina Goeldners Mezzo, schon einst nach ihrem Mozarteum-Studium als Landestheatermitglied bekannt und mittlerweile längst international gefragt. Sally Matthews (Sopran) hingegen begann wohl eine Spur zu opernhaft und ließ dadurch vorerst auch an Wortverständlichkeit zu wünschen übrig. Im Quartett „Selig sind die Toten“ befand sie sich jedoch dann in vollkommen harmonischem Einklang.

Dies ist der wohl mit Abstand beeindruckendste Moment des ganzen Werks, in dem zart à capella der Salzburger Bachchor den Wechsel von den Soli übernahm. Der Chor hat da den Löwenanteil zu tragen und auch schon zuvor, etwa in den plastisch artikuliert fugierten Abschnitten, fulminante Wirkung erzielt. Wie üblich war der Bachchor von Alois Glaßner ausgezeichnet einstudiert. Und, wie die Ausführenden samt und sonders, durch Ivor Boltons engagierte Zeichengebung entsprechend beflügelt

Die Aufforderung im Programmheft, wegen der gleichzeitigen CD-Aufnahme auf Husten oder Rascheln zu verzichten, wurde übrigens nahezu hundertprozentig befolgt.

 

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