It´s Grafenegg time!

REST DER WELT / GRAFENEGG FESTIVAL 2013

28/08/13 Die Orchester lieben den „Wolkenturm“. Seit es das „Auditorium“ gibt, muss bei Schlechtwetter immerhin nicht mehr abgesagt werden. Rudolf Buchbinder, Intendant und Pianist, kann ruhig in die Zukunft blicken. Am 8. September endet das Grafenegg Festival mit Giuseppe Verdis Requiem.

Von Wolfgang Stern

Zuletzt mussten die beiden Konzerte des London Symphony Orchestra in das „Auditorium“ verlegt werden, was in Grafenegg immer einen kleinen Dämpfer bedeutet, aber nichts an der Qualität ändert. Unterschiedlicher geht es nicht mehr! Andrés Orozco-Estrada agierte als vitales Energiebündel, Nikolaj Znaider wesentlich ruhiger.

Orozco-Estrada startete mit der Ouvertüre zu Semtanas „Die verkaufte Braut“ voll durch, wagte sich dabei ans Tempolimit und gelangte so an das eine Ende einer Temposkala, an deren anderem Ende Harnoncourts Interpretation im Rahmen der Styriarte vor wenigen Jahren liegt. Die Streicher der Londoner haben die Herausforderung angenommen und mit  Bravour bestanden.

Die Georgierin Khatia Buniatishvili live – das ist meist etwas Außergewöhnliches. Im Klavierkonzert Nr. 2 f-Moll überließen ihr Orchester und Dirigent in den entscheidenden Stellen den Lauf der Dinge.

Auch der zweite große Tscheche Antonin Dvo?ák, übrigens 1884 zum Ehrenmitglied der London Philharmonic Society ernannt, durfte nicht fehlen. Dessen Symphonie Nr. 7. d-Moll gab Orozco-Estrada viele Gelegenheiten, im dynamischen Bereich zu glänzen, besonders im ersten und vierten Satz.

Nicht oft hat man die Möglichkeit solch direkten Vergleiches: Nikolaj Znaider war der Dirigent des zweiten Abends des London Philharmonic Orchestra. Solist in Johannes Brahms Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77 war Frank Peter Zimmermann: Technische Bravour und viel Gefühl für den intimsten Ton zeichneten Zimmermanns Wiedergabe aus. Der Oboe gebührt für ihr melodiöses Spiel im zweiten Satz ebenfalls Anerkennung. Richtig magyarische wurde es im vierten Satz.

Pjotr Iljitsch Tschaikowski Symphonie Nr. 4 f-Moll op. 36 kam danach als einziger großer  Klangrausch daher, den das Blech mit so manchem facettenreichen Nebenton überstrahlte.

Hausherr Rudolf Buchbinder versammelte um sich ein paar Philharmoniker. Kaum berührender kann Franz Schuberts Klaviertrio B-Dur D 898 gelingen. Mit viel Gefühl entstand da zusammen mit dem Geiger Rainer Honeck und Stephan Koncz (Cellist bei den Berliner Philharmonikern) eine überaus spannungsgeladene Interpretation. Zu Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur op. 44  gesellten sich noch Christoph Koncz (Stimmführer der zweiten Geigen bei den „Wienern“) und der alt gediente verlässliche Bratschist Heinrich Koll hinzu. Für mich wurden Erinnerungen der besten Zeit in Lockenhaus in den 80-er Jahren wach. Hier war nicht nur Schönmusizieren angesagt, hier war jeder einzelne Ton verinnerlicht. Es war Kammermusik vom Feinsten, die man im Trio und Quintett geboten hatte, so, als wäre es das Leichteste der Welt.

Composer in Residence in Grafenegg ist heuer der Australier Brett Dean, von dem mehrere Werke in Groß- und Kleinbesetzung zu Gehör gebracht werden - und dessen Konzert für Trompete und Orchester am Samstag (31.8.) uraufgeführt wird.

Bis 8. September dauert das Grafenegg Festival 2013. Restkarten sind immer wieder mit etwas Glück zu bekommen - www.grafenegg.com
Bilder: Grafenegg Festival