Hoffentlich mehr wachen als träumen

LANDESTHEATER / SPIELZEIT 2021/22

25/03/21 Bei Richard Strauss denkt man in Salzburg immer an die Festspielhäuser, so der Musikdirektor des Landestheaters, Leslie Suganandarajah. Ariadne auf Naxos hat aber kammermusikalische Anmutung – passt also gut ins Haus am Makartplatz. Damit eröffnet man die Spielzeit 2021/22. Regiegäste im Theater: Dörte Lyssewski und Michael Niavarani.

Von Reinhard Kriechbaum

Alexandra Liedtke wird Ariadne auf Naxos inszenieren, Leslie Suganandarajah dirigiert diese und auch alle weiteren geplanten Opern-Neuproduktionen der kommenden Saison. Das sind Verdis Macbeth (in der Felsenreitschule, inszeniert Amélie Niermeyer) und die zeitgenössische Oper Angels in America von Peter Eötvös. Das Werk entwirft ein in Amerika angesiedeltes Sittengemälde. In die neue Spielzeit übernommen werden Cinderella von Alma Deutscher und Die Zauberflöte. Diese beiden Aufführungen sind derzeit nur online zu haben.

Selbst wenn der Kulturbetrieb in der kommenden Spielzeit wieder „normal“ laufen sollte, ist die Saison im Landestheater doch ein wenig abnormal, denn wegen der Restaurierung des Hauses übersiedelt man ja zu Saisonende in ein Theaterzelt, dessen Aufstellungsort noch nicht endgültig feststeht. Auch dort wird es Musiktheater geben: Bizets Carmen (Leitung Gabriel Venzasgo, Regie Jacopo Spirei). Carmen werde dort von der Tabakfabrikarbeiterin in eine Zirkusartistin mutieren, heißt es.

Heute Donnerstag (25.3.) also haben Intendant Carl Philip von Maldeghem und die Spartenleiter die Vorhaben für die nächste Spielzeit bekannt gegeben. „Theatermenschen sind Berufsoptimisten“, so Maldeghem. Man gehe „von kreativen Möglichkeiten und einem Spielbetrieb aller Sparten aus“. Das Jahresmotto „Zwischen Wachen und Träumen“ wird ja wohl noch eine Zeit lang die Stimmungslage der Theatermenschen und ihres Publikums bestimmen.

In der Sparte Musical wird man den Schuh des Manitu, dessen Österreich-Premiere schon für heuer geplant war, zeigen (in Kooperation mit Stage Entertainment und dem Deutschen Theater München). The Sound of Music ist zwar ein Long-Seller im Landestheater, wird aber neu gecastet. The Rocky Horror Show wird wiederaufgenommen, und im Theaterzelt kommt als vierte Musicalproduktion der Saison John Kanders Klassiker Cabaret.

Im Schauspiel geht’s damit los, dass sich alle beteiligten Schauspielerinnen und Schauspieler darüber Gedanken machen, was Familie ist, sein könnte oder besser nicht sein sollte: Für die Produktion Familienabend nennt man sich als Autoren-Kollektiv „We are Family“. Maldeghem führt Regie. Und das besondere: Jeden Abend wird ein Special guest eingeladen und über seinen Blick in die Familienkiste reden. Mit dem Sturm-und-Drang-Stück Der neue Menoza von dem Schiller- und Goethe-Zeitgenossen Jakob Michael Reinhold Lenz gibt Burgschauspielerin Dörte Lyssewski ihr Regiedebüt am Salzburger Landestheater.

Und noch ein Gast-Regisseur von der angewandten, in dem Fall humorigen Seite: Michael Niavarani steuert eine Uraufführung mit dem Titel Manche mögen's voll verschleiert bei, die er auch selbst inszeniert. Blut an meinen Händen von Shlomo Moskovitz ist eine Uraufführung in den Kammerspielen, inszeniert von der israelischen Regisseurin. Ebenfalls aus Israel kommt Ronnie Brodetzky. Sie inszeniert die Europäische Erstaufführung Der Busfahrer, der Gott sein wollte (im Probenzentrum Aigen). Anschläge von nächster Woche von Thomas Arzt kommt zur österreichischen Erstaufführung. Im Theaterzelt wird Ödön von Horváths Volksstück Kasimir und Karoline produziert. Zwei Wiederaufnahmen im Sprechtheater: Faust und die Weihnachtskomödie Schöne Bescherungen.

Shakespeare im Park von Schloß Leopoldskron ist und bleibt ein Thema: Elves and errors wird im kommenden Sommer wiederaufgenommen, und im Frühjahr 2022 heißt es Golden Lads & Girls.

Neben dem Schicksal von Tolstois Anna Karenina widmet Ballettchef Reginaldo Oliveira auch der dänischen Malerin Lili Elbe eine abendfüllende Kreation. In Lili, the Danish Girl setzt er sich am Beispiel einer historischen Persönlichkeit mit der Frage auseinander, was es bedeutet, wenn Körpergefühl und äußere Gestalt nicht in Einklang zu bringen sind. Die Vielschichtigkeit von Bewegungssprachen wird der Abend 3 x Chopin veranschaulichen. Drei junge Choreographen sind dazu eingeladen, Kristína Borbélyová, Kristian Lever und Nadav Zelner. Tanto...Tango! bleibt auch in der neuen Spielzeit auf dem Programm.

Und was hat der Kaufmännische Direktor des Landestheaters, Bernhard Utz, über die laufende Saison zu berichten? Man hat ja nur drei Monate lang live spielen können – aber das waren immerhin zehn Produktionen mit 62 Vorstellungen, und diese fanden achtzig Prozent Auslastung (11.000 Gäste). Auch nach Untersagung der öffentlichen Aufführungen (seit 3. November) hat man auf Basis des kontinuierlich weiterentwickelten Präventionskonzeptes weitergearbeitet. So werden seit Ende Dezember sukzessive neu erarbeitete wie auch bereits bestehende Produktionen auf digitalen Kanälen angeboten. „Bislang wurden hierüber mehr als viertausend Zugriffe generiert“, freut sich Bernhard Utz. Der von ORF III übertragene Heldenplatz (Thomas Bernhard) hat 30.000 Zuseher gefunden. Eine astronomische Zahl fürs Salzburger Landestheater. Rund dreihundert Leute haben die Möglichkeit des Rundgangs im Landestheater wahrgenommen. Es gebe, so Utz, „sehr emotionale Rückmeldungen“ im aufliegenden Gästebuch.

www.salzburger-landestheater.at
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