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Die Probe der „Zauberflöte“

UNI MOZ / DIE ZAUBERFLÖTE

24/06/21 Es ist nicht wirklich Die Zauberflöte, was die Musiktheater-Departements der Universität Mozarteum da auf die Bühne des „Max Schlereth Saals“ gehievt haben. Die ambitionierte Aufführung pendelt zwischen modischer Dekonstruktion und saftigem Studentenulk. Hin und wieder gibt es sogar Momente großen Theaters - und die musikalische Seite des Unternehmens nötigt Respekt ab.

Von Gottfried Franz Kasparek

Alexandra Szemerédy und Magdolna Parditka inszenieren im Team, kommen aus Ungarn und sind seit gut 15 Jahren zwischen Budapest, Hannover und Innsbruck gut im Geschäft. Mit einem breiten Opernrepertoire. In der Saison 22/23 ist in Saarbrücken Wagners „Ring“- Tetralogie geplant. Die beiden Damen haben ihr Handwerk unter anderem bei den legendären Herrmanns, bei Christine Mielitz und Achim Freyer gelernt. Für diese „Zauberflöte“-Variation haben sie nun auch eine neue Dialogfassung erstellt, welche den Schikaneder-Text mit der Alltagssprache in Gesangsklassen unserer Tage konfrontiert. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei in das und aus dem Smartphone gesprochene Unterhaltungen ein. Der Witz des Ganzen hält sich in Grenzen.  Die jungen Leute proben Mozarts Oper, angeleitet von einer chaotisch-hysterischen Regisseurin namens Frau Stern, die in Gestalt und Stimme von Ulrike Arp an bekannte Vertreterinnen der Zunft erinnert, und dem eher stoischen Dirigenten Herrn Sonnig, welchem Kai Röhrig auch als Schauspieler in der Tat sonniges Format verleiht. Zwischendurch leben die Sängerinnen und Sänger moderne „Beziehungskisten“ aus, haben Spaß an intensivem Bewegungstheater (alle Achtung!) und singen mit Herzenslust. Offenbar ist Studienabschluss mit Diplomvergabe, da am Regietisch vor dem Orchestergraben auch der Präsident einer Prüfungskommission (Andreas Macco, Gesangslehrer am Haus, sehr würdevoll) auftritt.

Bühne (Michael Hofer-Lenz) und Kostüme (Magdolna Parditka und Jiale Zhu) huldigen einer Schwarz-Weiß-Ästhetik, die freilich durch Beleuchtungseffekte und Videos mitunter bunt eingefärbt wird. Die Bildlösung für die Oper, weiße, verschiebbare Kubusse mit schwarzen Unterteilungen, ist sehr ansprechend. Am Ende, während in Ermangelung eines Chors die Ouvertüre erklingt, geben alle ihre blauen Urtext-Klavierauszüge bei Papageno und Papagena, offenbar den Assistenten der Produktion, ab und entschwinden in die Ferien oder ins erste Engagement. Das hat was Rührendes an sich. Pamina zum Beispiel ist im Privatleben offensichtlich mit Monostatos verbunden, der viel lieber den Tamino gespielt hätte und wieder einmal vom Schwarzsein nur singt.

Theater auf dem Theater also. Das konnten allerdings Pirandello oder die Autoren von „Kiss me Kate“ besser, zündender und glaubwürdiger. Letztere mussten allerdings auch nicht eine komplette Shakespeare-Komödie zeigen, sondern nur wesentliche Teile daraus. Außerdem hatten sie musikalische Freiheit und es stand ihnen nicht immer ein gewisser Mozart im Weg, wenn sie ihrer eigenen Phantasie freien Lauf lassen wollten. Das Hineinschreien von Frau Stern in Stücke wie die Bildnisarie Taminos nervt ebenso wie die mitunter auftauchenden raunenden Stimmen vom Band, die einfach nur Mozarts Musik stören.

In zwei und einer Viertelstunde läuft die Sache ab und ist manchmal vergnüglich, besonders wenn der Papageno spielende Regieassistent in schlaksiger Gestalt von Jakob Hoffmann und begabt mit weichem und virilem Bariton unterwegs ist. Von Vögeln singt er allerdings nur. Sein Weibchen wird die sehr energische Maria Agustina Calderòn. Innerhalb der Probe wird eine um die Chorfinali gekappte „Zauberflöte“ gegeben, deren wohl größtes Atout die mehr als nur kompetente, mit dem Bühnengeschehen mitatmende, bei Bedarf dramatisch pulsierende, im Tempo klug und gefühlvoll ausgewogene musikalische Leitung Kai Röhrigs ist, der das Uni-Orchester zu einer Höchstleistung anspornt. In der Premierenbesetzung am 23. Juni konnte Karolina Bengtsson als von starken Emotionen bestimmte Pamina mit natürlicher Darstellung und sensibler Sopranlyrik ebenso begeistern wie Regina Koncz mit Intensität und perfekten Koloraturen als Königin der Nacht. Dagur Thorgrimsson (mein Computer kennt leider keine isländischen Sonderzeichen) verfügt über ansprechendes, doch noch etwas ungehobeltes Tenormaterial für den Tamino. Qi Wang (Sarastro) muss noch an seiner Tiefe arbeiten, Kuan Ming-Chen (Sprecher) an der Sprache. Konstantin Igl ist ein stimmlich tauglicher, als Figur eigenartig netter Monostatos. Die drei Knaben sind ebenso weiblich besetzt wie die drei Damen – allen gilt ein Pauschallob für frische junge Stimmen und Spiellaune, auch den Geharnischten. Die Priester sind gestrichen.

Einmal mehr ein Etikettenschwindel. Eine „Zauberflöte“, in der die Feuer- und Wasserprobe nicht inszeniert, sondern dafür das Publikum geblendet wird (ein alter Hut und er war nie gut!), in der das Prüfungsmysterium doch allzu banalisiert erscheint und in der die Freimauersymbolik gar keine Rolle spielt, wird da geprobt, nur in manchen Szenen wirklich gespielt. Im Gedächtnis bleibt die gottlob nicht unterbrochene Pamina-Arie dank einer großartigen Darstellerin und atmosphärischer Bühnenstimmung. Insgesamt eine Produktion, für welche der Titel „Wir proben Zauberflöte“ angemessener wäre.

Weitere Aufführungen - 24. und 25. Juni um jeweils 19 Uhr, 26. Juni um 16 Uhr im Max Schlereth Saal der Universität Mozarteum - Livestream am 25. Juni um 19 Uhr auf - www.uni-mozarteum.at
Bilder: Universität Mozarteum

 

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