Kickl-Syndrom ist heilbar

KABARETT / MOTZART / BLÖZINGER

06/02/19 Die Asche des Verblichenen, in eine Keksdose gefüllt, hat die Tante verblasen. Wer mag schon staubige Keks. Robert Blöchl und Roland Penzinger blasen Staub, der sich ihrem Wahnsinn ohnehin nicht anzusetzen wagt, von früheren Programmen – und spinnen weiter an ihrem immer komplexer sich verwickelnden Lebenswerk des Absurden.

Von Heidemarie Klabacher

„Jemand, den ich kenn?“ „Nein, ein Hobbysportler.“ Der Tod tritt ab und einen andern an. „Hast mit mir g'redt“, fragt der kiffende Zivildiener im Altersheim. „Na, mit dem Tod.“ Auch Schrullen wollen ernst genommen werden. Und so wird neben dem alten Herrn, der mit dem Tod auf Du und Du verkehrt, ein Platzerl im Beerdigungstaxi freigehalten: „Falls der Tod mitfährt.“ Insider kennen den Alten und den Zivi schon aus dem alten BlöZinger-Programm „bis Morgen“.

Robert Blöchl und Roland Penzinger fahren die Recyling-Masche. Und wenn es nach uns geht, können sie mit dieser noch lange an ihrem Gesamtkunstwerk des Absurden stricken: Die Rezipienten dieses DauerEposRomanDramas – mit Stationen vom Märchenwald mit seinen bissigen Zwergen und bissfesten Lebkuchenhäusern bis zum Inneren der Fruchtblase (leider ohne Früchte) mit ihren zutiefst verfeindeten Bewohnern – erkennen Motive und Figuren wieder. Und wir haben auch weiterhin Lust auf und Nerv für weitere leitmotivisch miteinander verkettete Miniaturen des abgrundtiefen Wahnsinns.

Es ist, wie so oft, auch im Kabarett von Vorteil, nicht mehr Siebzehn zu sein. Sonst würde man nicht zu erkennen und einordnen zu wissen, dass die Insassen des alten, mit tragendem Kaugummi liebevoll reparierten FIAT das verhedderte Tonträger-Band einer „Musik-Cassette“ aus einem Gerät namens Autoradio mit Kassettendeck ziehen. Das Kabarett hat aber ohnehin vor allem gesetzteres Publikum, und dieses dechiffriert solch seltsames Gebaren mit glückselig sich erinnerndem Lachen. Bee Gees! Und überhaupt die Achtziger!

Die beiden Zwillingsembryos (aus dem dritten BlöZinger-Programm, nicht wahr?) werfen einander, je nach genetischer Ausstattung der jungen Gehirne, noch immer Gemeinheiten und Zitate an den Kopf. Vor Kant haben wir ja alle Respekt. Aber mit einem solch kantigen „K“ hat den Namen des Denkers noch niemand seinem Feind an den Kopf geworfen, wie der klügere Embryo dem weniger klugen: „Erst über das Du erfahren wir mehr über das Ich.“ Das mit der Drohung, „etwas mit der Nabelschnur zu machen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen“, scheint damals realisiert worden zu sein. Denn der eine Bruder hatte einen Zwilling, aber bei der Geburt war was mit der Nabelschnur.

Seitenweise könnte man sich durch die BlöZingers von heute und gestern zitieren. Das aktuelle Programm Vorzügliche BetrACHTungen – ein Best Of ist selbstverständlich viel mehr als ein simples Best of. Es ist, wie schon gesagt, eine weitere Station in der Entwicklungsgeschichte des Wahnsinns und der Absurdität. Um es, ausnahmsweise, auch mit Kant zu sagen: „Das Lachen ist der Lebenskraft zuträglich, denn es fördert die Verdauung.“

Das 37. MotzArt Kabarettfestival in der ARGEkultur dauert bis 9. Februar. Heute Mittwoch (6.2.) um 20 Uhr wird, man muss ja auch mal diskursiv werden, bei freiem Eintritt diskutiert im MotzART Salon – www.argekultur
Bild: www.bloezinger.at / Otto Reiter