Der Tod: wie Umsteigen in Attnang-Puchheim

LANDESTHEATER / KAMMERSPIELE / INDIEN

30/09/13 Sie könnten gegensätzlicher nicht sein, der Herr Bösel und der Herr Fellner. Der eine wortkarg und nur langsam auftauend, dem anderen sprudeln die Worthülsen pausenlos heraus. Mit vereinten Kräften versuchen sie jedoch, sich selbst auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen…

Von Ursula Trojan

086Die beiden Kollegen, Hygienebeauftragte des niederösterreichischen Fremdenverkehrsamts, kontrollieren in den Provinz-Gasthäusern vom „geputzten“ Klobesen bis zum Flachsengehalt des Wiener Schnitzels so ziemlich alles. Zwangsläufig verbringen sie auf diese Weise ganze Tage und Nächte zusammen auf ihren Dienstfahrten durchs Bundesland. Irgendwie muss man sich dabei arrangieren und deshalb probiert Kurt Fellner – das ist der mit dem Sprechdurchfall – den wortkargen Partner Heinz Bösel aus der Reserve zu locken. Und sei es mit irrwitzigen Fragen aus dem Trivial-Pursuit-Spiel, das er ständig mit sich führt.

0851991 als Theaterstück konzipiert, wurde „Indien“ zwei Jahre später als „Roadmovie“ verfilmt. Die Kabarettisten Alfred Dorfer und Josef Hader fungierten erst als Autoren und danach als Hauptdarsteller. Dorfer-Fellners „Danke, ganz lieb!“ ist seitdem ein regelrechter Ohrwurm geworden, Stück und Film zum Kult-Erlebnis.

Das Duo auf der Bühne der Kammerspiele, Werner Friedl als Heinz Bösel und Stefan Rager als Kurt Fellner, lässt die Originalcharaktere auf eigene Weise auferstehen und deren Entwicklung von sich derb-befetzenden Typen bis hin zur Freundschaft der Zwei bildhaft nachvollziehen. Eineinhalb Stunden durchgehende Spielzeit vergehen wie im Fluge; gefesselt sitzt der Zuschauer mit an den sich öde gleichenden Wirtshaustischen, kaut am fetttriefenden Schnitzel, ist auch des Nachts im Zimmer dabei. Zunehmende Beklemmung macht sich in den Spitalsszenen breit, wo es Werner Friedl und Stefan Rager trefflich verstehen, makaber zu witzeln, heftigst aufzubegehren („Warum i und net du?“) und es trotz allem zutiefst „menscheln“ zu lassen.

084Ergänzende Rollen wie verschieden gelaunte Wirte, geschäftiger Arzt, Nonne und Pfarrer übernimmt in dieser Produktion Felix Mayerhofer. Seine knappen Auftritte sind für das jeweilige Bild mehr oder weniger gewichtig von Bedeutung (gruselig auf alle Fälle der schweigende Doktor). Zum recht einfachen Bühnenbild von Karl-Heinz Steck gehören raffinierte Umbauten zu indischer Musik. Dieses „Wunderwerk des komischen Schreckens“ unter der Regie von Cornelius Gohlke wurde bei der Premiere am Freitag (27.9.) jedenfalls begeistert aufgenommen.

Im Lauf der grotesken Handlung lässt es sich nicht vermeiden, dass auch – wenngleich hilflos-rührend – über das Sterben philosophiert wird. Ob es mit dem Tod jetzt wie mit einer Eierspeis ist oder er eher dem „Umsteigen in Attnang-Puchheim“ gleicht, ist letztendlich einerlei. Was zählt, ist das Dasein und die liebevolle Geste eines Freundes am Schluss.

Aufführungen bis 21.11. in den Kammerspielen des Landestheaters – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Christina Canaval