Bei ihm dahoam in Strunzenöd

KABARETT / MOZT ART / MICHAEL ALTINGER

07/02/14 „Ich sag es ganz direkt!“ – eine Ankündigung, der Michael Altinger bei der Österreichpremiere seines Programms in der ARGEkultur ganz gerecht wird: unverblümt und in alle Richtungen ermittelnd kommt er zu dem Schluss: Das Leben is einfach ka Gaudi! Und in Strunzenoed schon gar nicht.

Von Christiane Keckeis

037Strunzenoed, die ländliche Idylle, birgt doch so einige Gefahren birgt: nächtliche Drohsprachnachrichten zum Beispiel: „Altinger, Du wirst bereuen, das Du hast, was Du hast!“ Das beschäftigt den Altinger natürlich. Und deshalb will er eigentlich gar kein Kabarett machen, sondern möglichst schnell nach Hause. Das geht natürlich nicht – und so gibt es dann doch Kabarett: temporeich, assoziativ, energiegeladen – und urkomisch.

Bis Altinger am Schluss sein spezielles  Rätsel („Ja, wer aus Strunzenoed kann denn des sein? Mir drohen…“) auflöst, streift er gefühlte tausend Themen, immer wieder hakenschlagend, dass es so zum Staunen ist. Es regt ihn auf, dass in unserem Medienzeitalter jeder überall seinen Senf dazu gibt, ganz gleich wie inkompetent und unwichtig. Er staunt ob der Notwendigkeit eines Smartphones für Kleinkinder oder darüber, dass Teenagerbuben in einer Geschwindigkeit essen, die keinen Genuss mehr zulässt. Egal, ob es um ebooks, Rauchverbot, Pay-TV, Navis, um russische Homophobie oder um die bayrische Kirchentradition geht, kleine Seitenhiebe nach Österreich rundum einbegriffen: Altinger nimmt die moderne Zeit aufs Korn, den alltäglichen Kleinkram, der so symptomatisch ist für unsere Gesellschaft. Und das ganz ohne erhobenen Zeigefinger.

Köstlich, wie er die Strunzenoeder Charaktere erstehen lässt (und spielt): die bigotte uralte Kindergarten“tante“, deren geknechteter, sehr eigenwillige Marotten entwickelnder Mann, der windige Bürgermeister Uwe, der natürlich das Wirtshaus im Dorf hat, der seltsam schweigsame Dorfbewohner, der den Mund nicht aufbekommt, der schlaue Bauer mit gefügigem Weib und leicht dementem Opa – alle kommen sie dran, eine herrliche Satire auf das dörfliche Leben.

Sein Alter Ego ist Martin Julius Faber, der Klavier und Gitarre gleichermaßen vielfältig einsetzt, zum Untermalen der ach so schönen alten Erinnerungen wie zum sensiblen Begleiten. Er dient Altinger als Projektionsfläche für so manches Thema, das Spiel zwischen dem temperamentvolle Kabarettisten und dem still duldenden Musiker funktioniert gut und lockert auf.

Altinger ist ein Künstler des Fädenlegens , - haltens, - weglegens und wiederaufnehmens. Und er macht das so geschickt, ohne Durcheinanderbringen, ohne Knoten, dass das Publikum gar nicht mitkriegt, dass er so ein Stück hier und ein Stück da herumwebt, bis am Schluss – voilà – ein kompletter Teppich entstanden ist, der alle Fäden kunstvoll miteinander verschlingt. Das hat Eleganz, auch wenn es am Weg manchmal etwas wirr wirkt: so beiläufig Altinger locker fast zwei Stunden durcherzählt, -spielt  und -singt (u.a. eine herrliche Konstantin-Wecker-Parodie!), so klug ist das Konzept, das dahintersteht. Und wirkt ganz leicht und dahingespielt.

Nicht zu vergessen seien  Altingers Körpereinsatz, tänzerische, schauspielerische Einlagen, von sexy bis derb,  und die blitzenden Augen, die das Publikum keine Sekunde loslassen, immer wieder mit einer Spur von Schalk bei allem Ernst der Lage. Ein Bühnenmensch, keine Frage. Ich sag es ganz direkt.

Zum Ende des Kabarettfestivals MotzArt in der ARGEkultur: Heute Freitag (7.2.) lebt Nico Semsrott seine Ultra-Depression aus. Am Samstag zeigt das öberösterreichische Kabarett-Duo Blözinger das Programm „Erich“ – www.argekultur.at
Bilder: www.michael-altinger.de / Martina Bogdahn