Klar, dass das Unternehmen ziemlich hoffnungslos ist und es diesen bis zur Selbstverleugnung beflissenen Leutchen bestenfalls über ganz kurze Strecken gelingt, annähernd in die vorgegebenen Konturen zu schlüpfen. Wenigstens auf Kopfhöhe durch sie hindurch zu schauen. Eine hohle Sache für die berufliche Ego-Darstellung, mit der das Selbstbild untrennbar verknüpft ist? Das kann einfach nicht gut gehen.
Hildegard Starlinger bringt Kathrin Rögglas „wir schlafen nicht“ auf die Bühne, oder genauer gesagt: auf die Spielfläche. Auf eine Ebene, die sich als recht glattes Parkett erweist für diese idealtypischen Repräsentanten der New Economy. Mit dem Tablet sind diese Leute alle fest verwachsen. Wenn es ihnen runterfällt, wirken sie doppelt verloren hinter den Silhouetten, die ihnen der Ausstatter Alois Ellmauer gegeben hat – eine ziemlich geniale Idee, denn in Rögglas Text (erst ein kolportagehafter Roman, dann von der Autorin selbst in ein Hörspiel und in ein Theaterstück transkribiert) geht es ja genau um das krasse Auseinanderklaffen von Sein und Schein. Alle hetzen vermeintlichen Idealbildern nach, die so virtuell sind wie die Botschaften, die sie per Tablet absondern oder empfangen.
Immerhin: Sie reden noch. Nicht unbedingt miteinander, aber doch über sich. Dazu hat Kathrin Röggla ihnen eine Mischung aus Konjunktiv und direkter Rede verpasst. Ein Stilmittel, das verfremdet, Distanz schafft, und wohl auch ein wenig selbstverliebte Sprachspielerei ist. Aber das darf ruhig sein.
Torsten Hermentin ist zuerst ein eher fieser Besserwisser – immerhin „Partner“ in dieser Gruppe, was eine schöne Umschreibung für eine Art Vorgesetzten ist. Später gibt er eine umso bemitleidenswertere Figur ab. Max Pfnür darf in der Rolle des „Senior Associate“ nicht hinten bleiben. Er ist derjenige, der glaubhaft versichert, nicht wirklich schlafen zu müssen (deshalb heißt das Stück „wir schlafen nicht“). Er ist auch jener, der sich zum ungehemmten Freizeitstress bekennt: „Neuer Stress sei weniger stressig als runterzukommen“, sagt der „Mister Adrenalin“. Elisabeth Breckner, Anna Paumgartner und Thomas Pfertner sind die anderen in diesem Team der ziel-und orientierungslos voran Hastenden. Und dann ist da noch eine einprägsame, ja starke Figur, die junge, unbezahlte Volonteurin – Anna Morawetz. Die will alles hundertprozentig abschauen und nachmachen, und doch ist es dann sie, die zunehmend Fragen stellt und sich verweigert.
Was passiert, wohin driftet die Geschichte? Das verraten wir hier nicht, das ist Teil der Geschichte von Kathrin Röggla. Es zielt hin auf „Einübung ins Mitleid für Manager“, wie es einmal so schön formuliert wird.
Regisseurin Hildegard Starlinger hat eine mit anderthalb Stunden dichte, sehr stringente und gar nicht unspannende Aufführung zuwege gebracht. Mit der Text-Unmenge geht das Ensemble sehr sicher und wohl synchronisiert um. Überhaupt: Der Sprachrhythmus ist wichtig in dieser Aufführung, so wie die Zäsuren. Diese füllt man mit Bewegungstheater auf: eine Gruppe von engagierten Tänzerinnen aus dem Orff-Institut, die herumwuseln zwischen den New-Economy-Zombies wie Geister, die keiner rief und die man trotzdem nicht wegbringt.