MARKO-FEINGOLD-STEG / AUSSTELLUNG
16/05/25 „Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi.“ Das sagte 2005 Gerhard Bronner bei der Gedenkfeier zur Befreiung des KZ-Außenlagers Gunskirchen. Die aktuelle Ausstellung auf dem Marko-Feingold-Steg in Salzburg gilt dem Thema „Anstand“.
„Was ist anständig und was nicht? Im Nationalsozialismus verhielten sich viele Menschen gleichgültig gegenüberdem Leid der Anderen. Manche mieden Jüdinnen und Juden und andere Verfolgte, manche bespitzelten, bestahlen und verrieten sie und lieferten sie so dem Tod aus. Gerade sie rechtfertigten sich nach der Befreiung oft mit dem Satz, sie seien immer anständig geblieben.“
Die diesjährige Ausstellung erzählt von der Entscheidung von Einzelpersonen, nicht am mörderischen NS-Regime, am Hass und an der Verfolgung mitzuwirken. „Es ist dies die persönlichste Ausstellung, die bisher gezeigt wurde. Auf sehr direkte Weise wird damit eine Verbindung zu den Geschehnissen der NS-Zeit hergestellt“, sagte Dagmar Aigner, Abteilungsvorständin für Kultur, Bildung und Wissen, heute Freitag (16.5.) bei der Ausstellungs-Eröffnung. Die jährliche Ausstellung auf dem Marko-Feingold-Steg sei ein zentraler Beitrag zur kulturellen Erinnerungsarbeit in der Stadt Salzburg, so Bürgermeister Bernhard Auinger. Das Thema Anstand setze ein wichtiges Zeichen für gesellschaftliche Verantwortung.
Das Projekt ist eine Kooperation der Kulturabteilung der Stadt Salzburg mit dem Salzburg Museum. Kuratoren sind der Historiker Albert Lichtblau und Hannes Sulzenbacher, Chefkurator des Jüdischen Museums Wien. Es gehe um „Menschen, die Mitgefühl gegenüber den Verfolgten zeigten, die halfen und dabei viel riskierten“. Zwöfl Tafeln umfasst die aktuelle Präsentation Auf der Tafel mit dem Titel In Amsterdam versteckte jüdisches Mädchen“ steht – auf Deutsch und Englisch: „Als die Deutsche Wehrmacht 1940 die Niederlande okkupierte, gerieten die dorthin Geflüchteten ins Visier der SS. Die 12-jährige Hedy Schorstein aus Wien wurde von Dirk und Marrigje Alberts versteckt. Hedys Mutter war ebenso untergetaucht, wurde aber verraten und deportiert. Mit der Familie Alberts blieb Hedy Schorstein, später unter dem Namen Edna Harel, ein Leben lang verbunden.“ Ein QR-Code ist zu einem Film verlinkt, in dem Edna Harel bei einem Interview in Israel ihre Geschichte erzählt.
Die Tafel mit dem Titel Schützender Priester gilt Pfarrer Balthasar Linsinger: „Der 1902 in St. Veit im Pongau geborene Pfarrer Balthasar Linsinger war ein standhafter Katholik. Er bot der Familie des Malers Eduard Bäumer Hilfe an, falls Gefahr drohe: „Dann kommen Sie alle zu mir.“ 1944 war es so weit. Valerie Bäumer, sie war jüdisch, und die drei Kinder Angelica, Bettina und Michael tauchten am Pfarrhof in Großarl bei Pfarrer Linsinger mit falscher Identität unter.“ Pfarrer Linsinger wurde auf Betreiben der Familie Bäumer 2011 von der israelischen Gedenkstätte „Yad Vashem“ als „Gerechter unter den Völkern“ anerkannt.
Da den Marko-Feingold-Steg Personen aus vielen Ländern passieren, von denen viele aus asiatischen Ländern kommen, gibt es auch eine Geschichte mit China-Bezug unter dem Titel Rettende chinesische Stempel: „Trotz seiner Herkunft aus einfachen bäuerlichen Verhältnissen gelang Ho Feng Shan eine steile diplomatische Karriere. Ab 1937 chinesischer Konsul in Wien, stellte er nach dem 'Anschluss' Tausenden Wiener Jüdinnen und Juden Dokumente für ihre Flucht aus. Nach Schließung der Botschaft mietete er eine Wohnung dafür an und setzte gegen den Willen seiner Vorgesetzten das Werk bis zu seiner Abberufung aus Wien 1940 fort.“
Marko Feingold (1913-2019) stand bis zu seinem Tod im Alter von 106 Jahren jahrzehntelang der jüdischen Gemeinde Salzburgs vor. Ihm zu Ehren wurde 2020 der ehemalige Makartsteg in Marko-Feingold-Steg umbenannt. Seit 2021 werden Informations-Tafeln aufgestellt. Die ersten befassten sich mit der Person von Marko Feingold. 2022 folgte ein Beitrag über Jüdisches Leben in Salzburg vom Mittelalter bis Heute, 2023 und 2024 waren die Themen Zwischenstation. Jüdische Shoah Überlebende und Wo? Verortung der Erinnerung“. (InfoZ / dpk-klabacher)
Ausstellung Anstand auf dem Markartsteg bis 11. Juli – www.stadt-salzburg.at
Bilder: Salzburg Museum