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… wie ein Flügelaltar

HINTERGRUND / RESTAURIERUNG FÜRSTENZIMMER

25/03/16 Vor fünfhundert Jahren für viel Geld mit viel Kunstsinn geschaffen. Abgetragen, verstaubt und vergessen. Wieder aufgestellt und krank restauriert... Die „Fürstenzimmer“ auf der Festung Hohensalzburg haben in ihrer bewegten Geschichte viel mitgemacht. Expertinnen und Experten berichten über die jüngste Restaurierung.

Von Heidemarie Klabacher

„1501 bis 1504 errichtet, gerieten die repräsentativ ausgestatteten Fürstenzimmer schon wenige Jahrzehnte später in Vergessenheit. Im 19. Jahrhundert wieder entdeckt, nahm 1848 bis 1850 der Maler und spätere Landeskonservator Georg Pezolt eine umfassende Restaurierung der Fürstenzimmer vor und hinterließ dazu präzise Aufzeichnungen“, erklärt Eva Hody, die Landeskonservatorin für Salzburg. Georg Pezolt kennt der Salzburg-Liebhaber von seinen romantisierenden Gemälden, die das „Bild“ von Salzburg wohl stärker geprägt haben, als man glauben möchte. Pezolt war in seiner Amtszeit als Landeskonservator seinerzeit auch in den Fürstenzimmern zugange, seine „Restaurierung“ hat etwa der schönen blauen Farbe nicht gut getan.

„Eine Fotodokumentation zum Abbau der Ausstattung 1942 durch den Landeskonservator Eduard Hütter und den Halleiner Künstler Jakob Adlhart sowie ein Schriftverkehr zur Restaurierung des Ausstattungsbestandes nach dem Wiedereinbau in den Jahren 1946 bis 1954 im Archiv des Bundesdenkmalamtes erklären das heutige Erscheinungsbild der Fürstenzimmer“, so Eva Hody. Ins Schwärmen gerät sie, wenn sie von der „reichen spätgotische Ausstattung der Fürstenzimmer mit dem detailreich geschnitzten und gefassten Holzzierrat“ spricht, einem einzigartigen Beispiel der spätmittelalterlichen Repräsentationskultur der Fürsterzbischöfe Salzburgs um 1500: „Der künstlerische Stil der Ausstattung erinnert an die Formensprache und die Farbigkeit von spätmittelalterlichen Flügelaltären. Die unglaublich feingliedrigen Schnitzereien faszinieren mit ihren Darstellungen von Pflanzen, Tieren und Menschen in einem rankenumwobenen Kosmos unter einem Sternenhimmel.“

All das hat über die Jahrzehnte und Jahrhunderte nicht wenig gelitten. Daher wurden 2013 von der Festungsverwaltung zwei zentrale Projekte in Auftrag gegeben, berichtet die Landeskonservatorin: „Die Renovierung des dritten Obergeschosses im Hohen Stock mit neuer Präsentation der Fürstenzimmer und des Rainer Regiment Museums. Und dazu die restauratorische Untersuchung der künstlerisch gestalteten Holzausstattung in den Fürstenzimmern als Grundlage für Konservierung und Restaurierung.“

„Ziel der aufwendigen Untersuchung war es, einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen, die Zeitschichten der letzten Jahrhunderte in den Fürstenzimmern offenzulegen.“ Das erklärt Clemens Standl von der Firma Baukunst consult, die mit den Arbeiten betraut war. „Historische Quellen wurden ausgewertet. Modernste natur- und restaurierwissenschaftliche Analysemethoden wurden angewendet, wie die Auswertung von Querschliffen der Farbschichten, Pigment- und Bindemittelanalysen oder Untersuchungen zur Bestimmung des Holzalters und der Hölzer.“

Untersuchungen haben Auskunft gegeben über die unter Leonhard von Keutschach verwendeten Techniken und Materialien. Zudem seien die Veränderungen und Überarbeitungen aufgedeckt worden, „die im Laufe der Jahrhunderte vollzogen wurden“. So bestätigt die Auswertung der dendrochronologischen Untersuchungen, dass die in den Fürstenzimmern verwendeten Hölzer durchgehend aus der Zeit um 1500 stammen. „Interessant ist, dass in allen Räumen, mit Ausnahme der Goldenen Stube, herkömmliches Fichten oder Tannenholz verarbeitet wurde. In der Goldenen Stube hingegen, dem von seiner Bedeutung hochwertigsten Raum, kam das teurere Zirbenholz zum Einsatz. Die Bedeutung der Räume spiegelt sich so auch in der Wahl der Materialien wieder“, erklärt Clemens Standl.

„Das blaue Farbpigment der Entstehungszeit war der kostbare Azurit, das so genannte ‚Bergblau’, das gemeinsam mit den zahlreichen Vergoldungen vom Reichtum des Fürsterzbistums während der Regentschaft von Keutschach zeugt,“ so Ingrid Rathner, ebenfalls von der Baukunst consult GmbH. Das kostbare Farbpigment aus Azurit konnte eindeutig identifiziert werden.

„Die heutigen hellen Flecken an den mattblauen Wandflächen in der Goldenen Stube geben die originale Hängung der Knöpfe und Ornamente aus der Keutschach-Zeit wieder.“ Diese Flecken seien auf eine chemische Reaktion des unter Keutschach verwendeten Farbpigmentes Azurit mit dem von Georg Pezolt verwendeten Ultramarin zurückzuführen: Pezolt hat im 19. Jahrhundert die azuritblauen Wandflächen einfach übermalt. Von der schädlichen Möglichkeit einer chemischen Reaktion zwischen verschiedenen Farbstoffen hat er noch nichts ahnen können.

„Nach dem Wiederaufbau der Räume bis 1957 erhielten die blauen Wandflächen der Goldenen Stube den heutigen, einst türkisblauen Farbauftrag, der sich über die Jahre in das helle Graublau verwandelte“, so die Expertin Ingrid Rathner. Da die Ausführung dieser Überarbeitung technisch nicht richtig durchgeführt wurde, bleiben die hellen Flecken, die die originale Hängung der Ornamente wiedergeben, auch nach der jetzigen Restaurierung sichtbar. „Die hellen Flecken an der Wand können somit als Zeitfenster ins Mittelalter verstanden werden, anhand dieser jeder Besucher einen Blick zurück in die Vergangenheit werfen kann.“

Zum Bericht Alte Schätze, neueste Technik
Bilder: dpk-klaba; Baukunst consult GmbH/Sören Pagels (1)

 

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