Sonnenenergie aus dem Hamsterradl

HAUS DER NATUR / DAHOAM IM WANDEL

01/07/16 Die Statistiker zeigen in ihrer neuen Broschüre, dass fast alles besser geworden ist in den letzten zweihundert Jahren. Im Haus der Natur ist man eher anderer Ansicht. Die neue Sonderausstellung „DAHOAM im Wandel: 200 Jahre Lebensraum Salzburg“.

Nur bei Schwarzmalerei darf es bei einer solchen Ausstellung natürlich nicht bleiben. Aber dass in dieser Zeitspanne weltweit die wohl umfassendsten Veränderungen der Menschheitsgeschichte stattgefunden hat, blieb natürlich nicht ohne Folgen auf das kleine Salzburg und sein Natur-Leben. Auch wenn hierzulande Schlote nur ausnahmsweise qualm(t)en haben die industrielle Revolution, das massive Bevölkerungswachstum und rasante technologische Neuerungen die natürlichen Ressourcen und das ökologische System des Planeten grundlegend verändert.

Weil man entschieden reagiert hat, wurde das drohende Waldsterben abgewendet und die stark verunreinigten Flüsse und Seen wurden zu den reinen Gewässern, wie wir sie heute kennen. Zum Handeln motivieren auch Beispiele nachhaltiger Entwicklungen, wie etwa die Klima- und Energieleitstrategie „Salzburg 2050“ und die Vision „Naturpark Salzachauen“. So weit der positive Blick.

Naturwissenschafter sagen aber: Etwa um 1800 beginnt das Anthropozän oder „Zeitalter des Menschen“. Die Bezeichnung lässt ahnen, wo die Schwerpunkte liegen und bei solcher Weltsicht nicht selten auf der Strecke bleibt – die Natur. Der Flächenverbrauch etwa ist dramatisch. Obwohl das Bevölkerungswachstum gegenüber früheren Jahrzehnten nachgelassen hat, nehmen Flächenverbrauch und Bodenversiegelung weiter ungebremst zu.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es nur Fußgänger, Reiter, Pferdekutschen und Ochsenkarren. Der Anschluss Salzburgs an das internationale Eisenbahnnetz im Jahre 1860 revolutionierte den Personen- und Güterverkehr. Die zweite Revolution des Verkehrs kam mit dem Automobil. Es brachte Freiheit und Unabhängigkeit, aber auch zunehmend Belastungen der Umwelt mit sich – der Straßenverkehr ist hierzulande Hauptverursacher von Luftschadstoffen und Treibhausgasen. Ein Animationsfilm erklärt, wie die Verbrennung fossiler Energieträger mit der aktuellen Erderwärmung zusammenhängt.

Viele erneuerbaren Energien basieren auf der Sonnenenergie. In der Ausstellung können Besucherinnen in einem interaktiven Großmodell „Sonnenenergie“ erzeugen, die ein mechanisches Theater in Aktion versetzt. So wird anschaulich erklärt, wie etwa Wasserkraft, Windkraft, Biomasse, Solarthermie und Photovoltaik mit der Sonneneinstrahlung zusammenhängen. Nebenbei kann man die eigene Laufleistung mit der Strahlungsleistung der Sonne vergleichen: kein Vergleich!

Schon bei seiner Eröffnung im Jahr 1924 konnte das Haus der Natur mit einer Besonderheit punkten: Die Ausstellungsräume waren elektrisch beleuchtet. Damit gehörte es zu den ersten elektrifizierten Museen Österreichs. Als Partner der Klimastrategie „Salzburg 2050“ ist das Haus der Natur auch heute innovativ: Die gesamte Ausstellung wird von sparsamer LED-Technik beleuchtet, die sich zudem ausschaltet, wenn sich niemand im Raum befindet.

Wälder sind übrigens der einzige heimische Naturraum, dessen Fläche in den letzten zweihundert Jahren zugenommen hat. Nach jahrhundertelangen Kahlschlägen für die Versorgung der Salinen und Bergwerke mit Energie und Bauholz begann man aufzuforsten. Nutzungsänderungen in der Landwirtschaft – etwa das Verschwinden vieler Almen und Bergmähder – führten ebenfalls zu einer Wiederbewaldung.

Um die Fische steht es jetzt auch besser. Früher hat man ja nicht lange gefackelt mit Abwässern. Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zahl der Gewerbe- und Industriebetriebe stark zunahm, erhöhte sich auch die Belastung der Flüsse enorm. So kam es etwa im Jahr 1906 zu einem großen Fischsterben in der Salzach. Das war aber noch gar nichts gegen den Wirtschaftsaufschwung der 1960er Jahre, vor allem durch den Ausbau der Papier- und Zelluloseproduktion in Hallein. Die Einleitung der ungeklärten Abwässer brachte das Gewässer zum Kippen. In den 1970er Jahren wurde die Salzach zwischen Salzburg und Hallein als „verödet“ eingestuft und unterhalb der Sohlstufe Hallein-Nord bildeten sich meterhohe weiße Schauminseln, die durch die Stadt Salzburg trieben. Daran erinnern sich noch viele Salzburger.

Wiese ist auch nicht gleich Wiese: Die Fläche der extensiv genutzten zweimähdigen Wiesen hat von 1830 bis heute um 70 Prozent abgenommen. Dafür hat die Fläche der Fettwiesen mit drei bis sechs Schnitten pro Jahr von null auf 60.000 Hektar zugenommen. Diese Wiesen setzen sich nur mehr aus wenigen Grasarten zusammen, die mit intensiver Düngung zurechtkommen. Die vielfältigen, bunten Blumenwiesen und der damit einhergehende Artenreichtum an bestäubenden Insekten und zahlreichen anderen Tieren sind weitgehend verschwunden. Da ist also einiger Handlungsbedarf.

Bis Sommer 2019 – www.hausdernatur.at
Bilder: Haus der Natur / Simmerstatter
Zum Stich-Wort In zweihundert Jahren geht was weiter