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Leni Riefenstahl und Winnetou

STICH-WORT

28/08/22 Wenn die investigativen Kollegen oder gar die woken culture-cancellerinnen die Nase dran kriegen, gibt es sowieso kein Halten mehr. Dann wird Winnetou sterben. Sein Film-Vater diente Leni Riefenstahl.

Von Heidemarie Klabacher

Nicht natürlich Karl May. Der andere, der soziale Vater. Derjenige, der das Bild vom edlen indigenen Ur-Amerikaner in unser aller Herz gezinnt hat. Harald Reinl hieß er. Er war der Regisseur der ikonografischen Winnetou-Verfilmungen mit Pierre Brice und Lex Parker. Sein Name steht in jedem Nachspann, aber man hat ihn, bei aller Bekanntheit, gar nicht richtig parat. Wie Volkslieder, Mythen oder Märchen hat auch das Film-„Bild“ von Winnetou scheinbar keinen namentlich bekannten Schöpfer. Das ist ja auch ein Kompliment. Wie bei mittelalterlichen Werken, wäre ein Hilfsname zu konstruieren und vom Winnetou-Meister zu sprechen.

Wer in der Generation der Schreiberin dieser Zeilen „Winnetou“ sagt, hat Pierre Brice vor Augen. Teile des Orientzyklus wie etwa Der Schut oder Durch das Land der Skipetaren sind als Romane natürlich viel besser, als die Winnetou-Bücher. Diese wurden nicht ganz zu unrecht von den Filmen überlagert. Und deren Regisseur war bekanntlich Harald Reinl.

Der gebürtige Bad Ischler wurde, nachdem er als Schi-Stuntman Leni Riefen­stahl gedoubelt hatte, von dieser zunächst als Volonteur, danach als Regieassistent für Tiefland gecastet. Das ist jenes Machwerk, für das die Nazi-Regisseurin aus dem NS-Zwangslager Maxglan Sinti und Roma zwangsrekrutierte, die nach Fertigstellung des Films nach Auschwitz deportiert und ermordet wurden.

Einmal drüber gestoplert, findet man es überall. Die Riefenstahl-Connection mal deutlicher mal weniger deutlich betont. Nicht ganz unseriöse Quellen scheinen www.deutsche-biographie.de oder www.filmportal.de zu sein. Ein paar Reinl-Fakten nach diesen Sites.

Geboren 1908 in Bad Ischl. Erstochen 1986 in Puerto de la Cruz auf Teneriffa von seiner dritten Ehefrau. (Zweite Ehefrau war übrigens Karin Dor, die Ellen Patterson im Schatz im Silbersee, die Ribanna in Winnetou 2 und die Mabel Kingsley in Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten. Soweit www.karl-may-wiki.de). Nach der Matura in Hall studierte Reinl Jus in Innsbruck und promovierte 1938. Der talentierte Schifahrer wurde 1931 Akademischer Skiweltmeister, war Mitglied der Österreichischen Ski-Nationalmannschaft und war auch später noch im Wintersport erfolgreich. Gilt als Erfinder der Schi-Stahlkanten. 1930 wurde der Bergfilmregisseur Arnold Fanck auf Harald Reinl aufmerksam und engagierte diesen für die Filme Stürme über dem Mont Blanc und Der weiße Rausch als Skifahrer, der u.a. anderem Leni Riefenstahl doubelte. Danach bekam Reinl Regieassistenzen in Filmen von Fanck und Max Obal. Mit dem Regisseur Guzzi Lantschner drehte er 1939 zwei kurze Dokumentarfilme. 1940 bis 1944 war er schließlich Regieassistent von Leni Riefenstahl und Mitarbeiter für Buch und Schnitt bei Tiefland.

Damit ist wieder jener Punkt erreicht, an dem es eigentlich nicht weitergehen sollte.

Zum Glück – auch für die ohnehin mehr als unselige Winnetou-Debatte – folgte nach dem Tiefland-Tiefpunkt Reinls Kurz-Dokumentarfilm Zehn Jahre später, „der kriegsversehrte Skifahrer zum Thema hatte und bei den Filmfestspielen Venedig ausgezeichnet wurde“. Damit sollte Winnetous Film-Vater auch weiterhin rehabilitiert bleiben.

1948/49 folgte Harald Reinls Debüt als Spielfilm-Regisseur ausgerechnet mit der Adalbert Stifter-Verfilmung Bergkristall. In den frühen 1950ern erschienen mehrere Ganghofer-Verfilmungen, darunter Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Im Gegensatz dazu folgten einige schon damals umstrittene militarverherrlichende Kriegsepen wie Die grünen Teufel von Monte Cassino. 1959 begann die Serie der Edgar Wallace-Verfilmungen (die bis heute ihren altmodischen Grusel-Charme hat). 1962 kam Der Schatz im Silbersee, und 1963 bis 1965 die Winnetou-Trilogie heraus. Im Jahr von Winnetou 1 erschienen übrigens auch die Edgar Wallace-Reißer Zimmer 13 und Der Würger von Schloss Blackmoor.

Die Fakten folgen:
www.filmportal.de
www.deutsche-biographie.de
www.karl-may-wiki.de
Bild: Wikimedia / Deutsche Digitale Bibliothek / Marlis Decker

 

 

 

 

 

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