Nicht zu hoch hinaus!

GLOSSE

altVon Reinhard Kriechbaum

06/12/10 Das Weihnachtslied "Stille Nacht, heilige Nacht" soll Teil des immateriellen UNESCO-Weltkulturerbes werden - das wünscht sich jedenfalls Michael Neureiter, der Präsident der "Stille-Nacht-Gesellschaft".

Zum immateriellen Kulturerbe zählen laut UNESCO "Praktiken, Darstellungen, Ausdrucksformen, Wissen und Fertigkeiten, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Einzelpersonen als Bestandteil ihres Kulturerbes verstehen". Dazu zählten mündlich überlieferte Traditionen ebenso wie die darstellenden Künste, Rituale, Feste oder Handwerkstechniken. Bereits vor zwei Jahren habe ihm die Nationalagentur auf dieser Basis die Möglichkeit der Aufnahme in die UNESCO-Liste bestätigt, so Neureiter. Als "Welt-Friedenslied" dürfe "Stille Nacht" auf der Liste "sicher nicht fehlen", so Neureiter.

Eigentlich müssen zwei Seelen in Neureiters Brust schlagen in dieser Angelegenheit: Denn einerseits ist "Stille Nacht" natürlich etwas Ur-Salzburgisches, andrerseits ist es längst internationales Allgemeingut.  Auf die internationale Verbreitung kann, muss man in Salzburg - und muss daher auch die "Stille Nacht Gesellschaft" - besonders stolz sein. Gut hundert Übersetzungen hält man auf der Homepage der Stille-Nacht-Gesellschaft zum Download bereit. Der ganzen Welt sollte man das Lied doch nicht streitig machen!

Ein Dilemma? Wir hätten da eine Anregung: Es kursieren ja zwei Melodieversionen des Weihnachtsliedes. In Salzburg (und eigentlich nur hier) singt man jene Version, die bei der Textzeile "schlafe in himmlischer Ruh" nicht so furchtbar hoch hinauf geht, dass ungeübte Sängerinnen und Sänger recht zum Krächzen kommen am Heiligen Abend. Hierzulande bescheidet man sich an dieser Stelle mit der None anstatt der Undezim als höchstem Ton. Der ist auch nach Weihnachtsgansl, -karpfen oder Mettenwürstl noch ohne weiteres zu meistern.

Vielleicht sollte man Franz Xaver Grubers Originalmelodie bei der UNESCO einreichen und schützen lassen?

Informationen, Notendownloads: www.stillenacht.at
Die Originalversion des Weihnachtslieds - (c) Stille Nacht Gesellschaft/Comes Verlag
Die in Rest-Österreich und international verbreitete, zurechtgesungene Variante, hier mit dem Text in Esperanto