Der Schreiber dieser Zeilen war notgedrungen in diesen Tagen öfters mal im Festspielbezirk unterwegs. Am vergangenen Samstag hat er ein Backhenderl erworben just an jenem Marktstand, der unmittelbar im Schatten des Affentors steht (jedenfalls wäre es am Nachmittag soweit, gegen Mittag steht die Sonne noch anders). Der tierische Anknüpfungspunkt wäre gegeben gewesen. Aber, kalt rinnt es mir den Rücken hinunter allein beim Gedanken: Die ganze Woche hindurch hatte ich nicht einen Blick fürs Affentor übrig.
Das Verteilen von Schokobananen (wie es FPÖ-Kulturetter taten, als das Kunstwerk aufgestellt wurde) hätte wahrscheinlich viel bewirkt. Es scheint jedenfalls den Leuten vom MdM auch aufgefallen zu sein, dass zu viele Leute ihre Altstadt-Runde drehen, ohne das Affentor so richtig zur Kenntnis zu nehmen. Dabei wär’s so groß!
Ab kommender Woche soll man jeden Mittwoch Mittag mit der Nase aufs „Affentor“ gestoßen werden, und dann gibt es was zu essen. Nein, nicht Schokobananen, auch nicht die länglich-braunen Früchte vom Affenbrotbaum, sondern „KunstHäppchen“. Der PR-Text dazu: „Die Mittagspause mal anders genießen ist hier die Devise, beim KunstHäppchen bekommen Geist und Körper Nahrung. Kunstinteressierte erfahren bei einer ca. 20 minütigen Führung mehr über Jörg Immendorffs Affentor I. Anschließend wird ein Mittagessen im Restaurant Sarastro im MdM Rupertinum serviert.“
Für den 2007 verstorbenen deutschen Künstler Jörg Immendorff war der Affe das Alter Ego: „Das dem Menschen ähnlichste Tier übernimmt die Rolle des Künstlers, hin- und hergerissen zwischen Zweifel und Selbstzweifel, Gelingen und Scheitern“, so dozieren die Kunstpädagogen vom MdM. Da fällt einem natürlich Wilhelm Hauffs Märchen „Der Affe als Mensch“ ein. Die Geschichte spielt „im südlichen Teil von Deutschland“, in Grünwiesel, einem „Städtchen, wie alle sind“. Dorthin, wo die Welt bis dahin noch ungefähr so in Ordnung war wie in Salzburg, kamen einst Menschen – O-Ton Hauff: „hergelaufenes Gesindel“ – mit allerlei fremden Tieren. Unter anderem mit Affen, „die in menschlichen Kleidern komisch aussahen und allerlei Künste trieben“. Ein Affe, verkleidet als junger Engländer, hat dann kräftig aufgemischt in Grünwiesel.
Vielleicht werden ja auch die zur Mittags-Kunstgoutierer im Städtchen Salzburg an einem der Immendorf-Affen einen Narren fressen und ihn nach Kräften nachäffen, so wie es in Grünwiesel bald geschah. Auf die Tischsitten Mittwoch mittags im Sarastro sind wir jedenfalls schon ur-neugierig. Dass die Sache mit dem englischen Affen in Grünwiesel zuletzt als Humbug aufgeflogen ist, wollen wir hier lieber verschweigen, nicht aber die allerletzte Pointe im Märchen: Da landet der Affe nicht, wie eine Seite zuvor noch angedacht, als Tierpräparat in einer Naturaliensammlung, sondern er darf dort frei herum gehen. Im öffentlichen Raum. Eine Art lebendes Kunstwerk. Man „fütterte ihn und zeigte ihn als Seltenheit jedem Fremden“.