Drache

STICH-WORT

18/03/14 Urplötzlich ist er aus der Erde geschossen… Dabei haben wir erst jüngst moniert, dass es in Salzburg fast nur Schmierereien und kaum einmal wirklich coole Graffiti gibt. Und nun dräuen plötzlich ein grimmiger, wenn auch beinahe „barocker“ Drache und ein schnittiger, beinahe „kubistischer“ Raubvogel an der Lärmschutzwand der Bahn.

Von Heidemarie Klabacher

495Graffiti-Künstler, auch wenn sie keine Schmierer sondern eben Künstler sind, stehen nicht selten mit einem Fuß im Kriminal. Tatsächlich will ja auch niemand eine noch so gute Sprayarbeit an Kirchenfassaden oder an sonstigem wertvollen Baugut erblicken müssen. Zornesröte steigt seit Jahren auf, wenn man von der Staatsbrücke zum Kapuzinerkloster hinauf schaut – eine idiotische Banane ist es derzeit…

Also: Graffiti-Künstler, auch wenn sie keine Schmierer sondern eben Künstler sind, stehen nicht selten mit einem Fuß im Kriminal, sagten wir. Und das ist – von Nazi-Schmierereien ist dabei noch gar nicht einmal die Rede - prinzipiell schon gut so. Aber genau deswegen haben wir vor ein paar Tagen die beiden Sprayer, zwei erwachsene junge Männer, nicht ansprechen und in Verlegenheit bringen oder gar bei der Arbeit fotografieren wollen.

492War’s vielleicht gar eine irgendwie „offizielle“ Aktion? Jedenfalls haben sie am helllichten Tag in aller Öffentlichkeit und vor staunendem Publikum innerhalb einiger Stunden zwei wunderschöne großformatige Graffitis auf die Lärmschutzwand gesprayt: Zwei ordentlich signierte Kunstwerke von Künstlern, die sich nicht zu verstecken brauchen.

„Ja leider“, sagte der Drachenvater auf das Kompliment und die Bemerkung von DrehPunktKultur, dass es in Salzburg kaum gute Graffiti, sondern fast nur Schmiererein gebe. Seufzend ließ er den Blick die Lärmschutzwand entlang streifen. Schriftzüge in unsicherer Hand - Beschimpfungen, Slogans. Wenigstens keine NS-Parolen im direkten Umfeld...

491Der Drache scheint aus dem Bahndamm wie aus einer Höhle hervorzubrechen. Seine Gattung – Drache mit Hörnern – ist uns aus der Literatur von Tolkien bis Ende nicht geläufig, auch gehörnte Wagner’sche Drachen sind uns noch nicht untergekommen. Aber egal. Dieser möglicherweise fernöstlich angehauchte Vertreter einer aussterbenden Gattung ist uns innerhalb weniger Tage lieb geworden. Er wirkt grimmig aber nicht bösartig.

Vor dem geierartigen Techno-Raubvogel ein paar Meter daneben haben wir Respekt. Er wirkt gefährlich in der Kraft einer schier unaufhaltbaren Bewegung. Könnte der Drache aus einem Märchen stammen, so scheint der stilisierte Raubvogel einem Fantasy-Comic entflogen zu  sein.

Bilder: dpk-klaba
Zum dpk-Stich-Wort Nazi-Schmierereien Beton gibt keine Antwort