Hofnarren und echte Weise

STICH-WORT

22/05/14 Echt schade, dass es in dieser Untersuchung von marktagent.com bloß um Print-Tageszeitungen gegangen ist. Zu gerne hätten wir gewusst, wo man eine Kultur-Tageszeitung im Internet einordnen könnte. Sofern sie überhaupt für eine Analyse taugt, die auf „Archetypen“ in der Wahrnehmung abzielt.

 

Eine Studie also, in der das Image und die unbewusste Wahrnehmung österreichischer Tageszeitungen aus Sicht der Leser durchleuchtet wurden. Das Ergebnis ultrakurz: Die „Kronen Zeitung“ entspricht dem Archetypen des Patriarchen, „Österreich“ und „Heute“ besetzen einen Mischtyp aus Hofnarr und Verführerin und „Die Presse“ und „Der Standard“ repräsentieren den Weisen.

Zweitausend Leute hat man ausgefratschelt, Printblätter wurden auch in einem Archetypen-Modell visualisiert. Archetypen sind Urbilder, die jeder in sich trägt. „Diese sind Teil des Unbewussten und entstammen nicht der persönlichen Erfahrung, sondern können als gewaltiges Erbe der gesamten Menschheitsgeschichte gesehen werden“: Whow, wenn man in dieser Liga mitspielt als Tageszeitung!

Den größten Einfluss auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung trauen die befragten Österreicher der „Krone“ zu. „Stark meinungsbildend“, urteilten 35,9%. Was die reißerische Aufmachung betrifft, sind sich die Befragten einig: die Tageszeitungen „Österreich“ (33,5%) und „Heute“ (27,6%) werden als „sehr reißerisch“ bewertet. In Bezug auf Kompetenz kann „Die Presse“ („sehr kompetent“: 59,9%) und „Der Standard“ (55,4%) die Leser überzeugen. „Der Standard“ („sehr informativ“: 61,4%) und die „Die Presse“ (56,1%) haben nach dem Urteil der Befragten auch den höchsten Informationswert.

Untersucht man nun die österreichischen Tageszeitungen nach dem Archetypenmodell, so bestätigen sich eine Reihe von Vermutungen. Die „Kronen Zeitung“ wird beispielsweise überwiegend als Patriarch wahrgenommen. Der Patriarch, oft auch als ultimative Macht umschrieben, zielt auf absolute Kontrolle und auf ein gleichzeitig harmonisches und glückliches Umfeld. Er zeigt seine Führungsqualitäten sehr deutlich und will diese weiter ausbauen. Er sorgt damit für Stabilität und Ordnung, bestimmt im Zuge dessen aber auch die Spielregeln, an die es sich zu halten gilt, und übt insofern großen Einfluss auf die Gesellschaft und den Einzelnen aus.

„Der Standard“ und „Die Presse“ werden laut der aktuellen Marketagent.com-Studie überproportional häufig mit den Eigenschaften "klug" und "überlegt" beschrieben. Damit entsprechen diese Tageszeitungen dem Archetyp „Der Weise“. Dieser ist in seinem Tun sehr bedacht und in den einzelnen Standpunkten unabhängig. Er ist eine Autoritätsperson des Wissens und der Weisheit, repräsentiert Geist, Sinn und Weisheit. Er nutzt seine Intelligenz und seinen Verstand, um die Welt zu verstehen und die Wahrheit zu erkennen. Er gilt als klug und erfahren, gebildet und belesen, ruhig, aber auch nachdenklich.

Die Tageszeitungen „Österreich“ und „Heute“ werden den Archetypen „Hofnarr“ und „Verführerin“ zugeordnet. Der Narr lebt im Hier und Jetzt und kostet den Moment voll aus. Er sucht das Witzige und Unterhaltsame in jeder Situation. Es ist schwer, Verführerinnen zu widerstehen, auch wenn sie mit Buchstaben Hofnarretei betreiben. (marketing.com)