STICH-WORT
28/03/25 Nicht nur auf der Pfarrkirche von Bad Vigaun zeigen ab kommendem Sonntag Turm- und Sonnenuhr unterschiedliche Zeiten an. Auf der Turmuhr ist es schon vier, die Sonnenuhr zeigt hartnäckig drei.
Von Reinhard Kriechbaum
Auf die barbarische Idee, am letzten Sonntag im März den Schatten-Stab auf Sommerzeit zurechtzubiegen, ist glücklicherweise noch niemand gekommen. Die Denkmalschützer würden entsetzt aufschreien.
Wie zwei Mal im Jahr rückt der Salzburger Turmuhrmacher Michael Neureiter demnächst aus, um wieder mal an der Uhr zu drehen. Ein Ende der Sommerzeitumstellung ist ja weit und breit nicht in Sicht, die EU-Kommission hat wahrlich andere Probleme. „Bei den Uhrwerken Salzburg/Universitätsaula (1746), Wals/Kleßheim (1732) und Borromäum (1912) werde ich die Umstellung selbst durchführen – ich brauche die Werke nur eine Stunde vorlaufen lassen. Dazu genügt ein Besuch beim Werk und ein Vorstellen von Hand“, berichtet Neureiter. Die Umstellung zwei Mal im Jahr sei immer auch eine gute Gelegenheit, das betreffende Werk zu schmieren und den Zustand zu überprüfen, meint Neureiter.
Dass ab Ende März bis Ende Oktober die Sonnenuhren eine Stunde nachgehen, stößt ihm, dem Theologen und Historiker, sauer auf. Drum schickt er mit schöner Regelmäßigkeit auch das Bild der beiden Uhren von der Pfarrkirche Bad Vigaun an die Zeitungsredaktionen. Ein Beibehalten der Sommerzeit auch über die Wintermonate, wofür sich vor Jahren immerhin ein Drittel der Österreicher ausgesprochen haben (freilich bei minimaler Umfragebeteiligung) wäre Michael Neureiter ein Gräuel.
Ganz falsch übrigens die Vermutung, die Sonnenuhr sei ein „Vorgängermodell“ der Turmuhr! Die Sonnenuhr wurde 1765 an die Vigauner Kirchenwand gemalt, da war die schmiedeeiserne Vorgängeruhr schon weit über hundert Jahre alt. Wozu dann noch die Sonnenuhr? Als Pferdefuhrwerke und Ochsengespanne das Reisetempo bestimmten, war es egal, wenn im Nachbardorf die Kirchenglocken ein paar Minuten früher oder später schlugen. Es war völlig ausreichend, die Turmuhr dann und wann an die Sonnenuhr anzugleichen.
In unserer Ära, da Sekundengenauigkeit unverzichtbar in vielen Bereichen der Technik und Wirtschaft ist, wären solche Zeit-Unwägbarkeiten undenkbar. Schlimm genug das Kuddelmuddel bei der Zeitumstellung im Frühjahr und Herbst. Im März 2019 befasste sich das EU-Parlament mit deren Ende. Für die Empfehlung der EU-Kommission votierten 410 Abgeordnete, dagegen stimmten 192. Die EU-Parlamentarier forderten auch eine Koordinierung der EU-Staaten, um ein Zeit-Chaos zu verhindern. Derzeit redet niemand mehr von einer „ewigen Sommerzeit“, die dann am wahrscheinlichsten gälte.