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Mühsam ernähren sich Eichhörnchen

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

13/02/20 Zu welchen Bedingungen Schauspielerinnen und Schauspieler, Musiker, bildende Künstler und Literaten ihre Haut zu Markte tragen – das wäre das eigentlich Spannende am „Fair-Pay“. Es gilt die Dauer-Prekariats-Vermutung.

Die aktuelle Umfrage des Dachverbands Salzburger Kulturstätten hat vor allem eines erbracht: Kulturarbeit heißt mehrheitlich prekäre Entlohnung – oder gleich Ehrenamt. Das gilt etwa, wie es in der Presseaussendung heißt, für „die rund 365 Vereinsvorstände bei den nun befragten Mitgliedsvereinen, welche ihre Arbeit (und die damit verbundenen Risiken) den gemeinnützigen Kulturvereinen unentgeltlich zur Verfügung stellen – zum gemeinschaftlichen Wohl aller und mit 6.988 Kulturveranstaltungen im Jahr 2019“. Das sind also nicht wenig Menschen, die Leidenschaft für die Sache auszeichnet und die (zumindest auf dem Papier) auch noch mit dem Inhalt der eigenen Brieftasche haften, sollte etwas total daneben gehen. Das kommt glücklicherweise selten vor.

Überhaupt nicht berücksichtigt sind in der aktuellen Salzburger Erhebung die Künstlerinnen und Künstler selbst, die sich als Selbständige über Wasser halten (müssen). Das sind ja die eigentlich Kreativen aller Kunstsparten, die den Kulturbetrieb lebendig halten und stets aufs Neue befruchten. Meist sind sie jene, die echte Innovation liefern. Sie werden – im günstigen Fall – von Institutionen und Kulturvereinen für einzelne Projekte engagiert und werken dann in einem vergleichsweise gut abgesicherten, von einigermaßen verlässlich fließenden Subventionen getragenen System.

Solche Infrastruktur, wie sie von den in den Kulturinitiativen Angestellten aufrecht erhalten wird, ist immens wichtig. Diese Infrastruktur und seine Träger haben der Dachverband in Salzburg und die IG Kultur auf Österreich-Ebene im Auge.

Aber Gruppe der echten künstlerischen Einzelkämpferinnen und -kämpfer ist die zahlenmäßig ungleich größere. Die Grenzen zwischen „frei“ und „vogelfrei“ sind da so fließend wie – ein mehr als heikles Thema! – jene Grenzlinien, wo kreatives Hobby aufhört und künstlerische Berufung (und damit Berufstätigkeit) anfängt. Das schätzen die künstlerisch Tätigen naturgemäß immer wieder anders ein als die für Förderungen zuständige Kulturpolitik. Wo ist der Knackpunkt, an dem die Kunst zum alleinigen Broterwerb wird oder werden sollte? Wie beziffert man dann künstlerische Leistung, die schwer in Arbeitsstunden zu fassen ist?

Von den finanziellen Standards, wie sie die IG Kultur Österreich als Idealziele festgeschrieben hat, sind die Künstlerinnen und Künstler jedenfalls meilenweit entfernt. Viele reiben sich auf, weil sie ja zu den jeweils eigenen Projekten auch noch für Basics wie das Veranstaltungsmanagement, die Bewerbung und dergleichen Sorge tragen müssen. Eine Zeitbombe für sie alle sind die Sozial- und Pensionsversicherungsbeiträge, die unabhängig von Engagements, Werk-Verkäufen und dergleichen anfallen. Das erzwungene Credo all dieser Menschen, ohne die der Betrieb auch der freien Kulturinstitutionen sofort zum Stillstand käme: Mühsam ernähren sich Eichhörchen.

Zur Meldung Was würde „Fair-Pay“ in Salzburg kosten?

 

 

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