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Pendler, Fußballer, Skifahrer

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

15/02/21 Nolens volens hat man als kulturaffiner Mensch derzeit viel Zeit. Und also auch genügend Gelegenheit, sich über die Welt rundum zu wundern. Da ist gerade schier Ungeheuerliches zu beobachten: Deutschland hat die Grenzen zu Tirol zugemacht. Österreich muss sich darob gar arg empören.

Während man in Österreich alle Expertise von Virologen in den Wind schreibt und die Menschen wieder einkaufen schickt (so gefährliche Etablissements wie Theater und Konzertsäle sind dann doch tabu), hat Deutschland den Lockdown verlängert. Obwohl dort die Infektionswerte viel niedriger sind als bei uns. Was also haben Österreicher in Deutschland zu suchen – außer Pendler in systemrelevanten Berufen, für die ohnehin Ausnahmen gelten. Weg mit den Fakten, weg mit dem Hirn. Hauptsache wir sind erregt.

Schauen wir auf Erfreulicheres, auf den Fußball: Da hätte jüngst irgendein internationales Spiel im Land B stattfinden sollen. Das ging aber nicht, weil einer aus der Legionärsmannschaft mit Staatsbürgerschaft A nicht in B einreisen durfte. Also war ein Land C gesucht, wohin es für A einen Weg gegeben hätte. Das Salzburger Fußballstadion wurde als Ersatz-Austragungsort genannt. Aber offenbar ist Salzburg dann doch leer ausgegangen. Man spielt jetzt im Land D (in Ungarn). Guter Grund für einen zornigen Leitartikel heute Montag (15.2.) in den Salzburger Nachrichten. Tenor: Was sind die Fußballer doch für verantwortungsloses Pack – sie fliegen munter in der Gegend herum, während unsereiner im Halblockdown festsitzt und nicht mal nach Deutschland darf.

Finden nicht gerade Skiweltmeisterschaften in Cortina statt? Sind da keine Österreicher dabei? Wo genau ist der Unterschied zwischen Ski-Nationalmannschaften und Fußballprofis? Uns fällt einer ein: In Cortina macht Österreich gerade Medaillen. Da halten wir uns tunlichst ruhig.

Beim Skifahren und beim Tourismus sind wir sowieso Mimosen. Besser nicht mal hinschauen auf die empfindlichen Pflänzchen. Jetzt, im Februar, in der vierzehnten (!) Woche des Hotel-Lockdowns, beobachtet die Polizei ein wenig genauer die Hotelgäste und die Nebenwohnsitzler im Land. Wir zitieren aus dem ORF: „Im Pongau fanden zwischen Donnerstag und Sonntag 109 Überprüfungen statt. Diese führten zu insgesamt 38 Anzeigen, 25 davon im Gasteinertal.“ Das heißt also: 41,2 Prozent der stichprobenartig näher besehenen ausländischen Gäste pfeifen auf die vorgeschriebene Quarantäne und waren in Wirklichkeit Skifahren. Dazu vermissen wir einen Leitartikel in den SN.

 

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