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Ein Wort zur Fastenzeit

 

FEUILLETON

03/03/21 Wir hatten den besten und längsten Fasching seit dem Beginn des Pleistozäns überhaupt. Denn wir wurden Tag für Tag (und werden immer noch) für Narren gehalten. Das Pinocchio-Quartett machte uns täglich ein X für ein U vor.

Von Franz Mayrhofer

Die Vier im Plastikkobel (wo bleibt der Umweltschutz?) glaubten, wir merkten es nicht. Sie werden es bei der nächsten Wahl glauben müssen, dass das vorgemachte X das echte U nicht auszuschalten vermochte. U bleibt eben U als 21. Buchstabe im Alphabet und das kommt vor dem 24., dem X.

Wer aber für die Täuschung zur Sühne fasten muss, steht dahin. Denn nie, wirklich noch nie, hat einer oder eine von jenen, die das X vor das U schwindelten, Buße getan, in Sack und Asche sozusagen, um anzudeuten, dass das X-U-Changement nicht nur falsch war, unbeabsichtigt, sondern einfach erstunken und erlogen. Rosstäuscherei schlechthin.

Kein Pferd zog einen Karnevalswagen durch die Wahrheitsstraße der Republik Österreich. Man stelle sich darauf z. B. als büßendes Personal vor: Ein Kurz in Kutte, gegürtet mit einem Strick, ein Anschober als Aschenmann. Täten sie Buße aus der Überzeugung, anderen mit ihren Behauptungen Unrecht getan zu haben, sie in die Irre geführt zu haben: Undenkbar!

Von Rabauken weiss man, was von ihrem Gepolter zu halten ist. Gefährlich bleibt diese rechte Mischung in höchstem Maß. Denn aus diesem braunen Sumpf strecken dann wieder die H.-Cs ihre Köpfe und sammeln Unbelehrbare um sich. Und es handelt sich dabei sicher nicht um einen Hockey-Club oder gar um den H. C. - H.C. Artmann seligen Angedenkens.

Weil eingangs das Pleistozän erwähnt wurde, in dem nach Max Frisch der Mensch erschien: Das bereits voreilig ausgerufenen Anthropozän, das Zeitalter des Menschen, kann leider auch nicht starten. Denn zu dessen Handlungsfähigkeit bedürfte es einer neuen Ethik, zu der es genügend Vorschläge gibt.

Worauf sollten sich die Voraussetzungen zu einer Ethik stützen? Das vorhandene Restmauerwerk von Menschen- und Freiheitsrechten ist, wie sich immer wieder herausstellt, ein allzu mürbes Gesteinsgemenge, als dass es ein Fundament abgeben könnte. Denn man müsste sich mit der Freiheit beschäftigen, die jedem Menschen eignet, weil er Mensch ist. Kompliziert. Und ein Deus ex machina, um sofort einen Plan umzusetzen, ist im Augenblick auch nicht greifbar.

Was sicher gebraucht wird, ist zunächst eine Schutzmauer vor jenen (auch internationalen) Pinocchios, die die vielen X vor die Us stellen. Oder, vielleicht noch besser, sie aus dem politischen Verkehr zu ziehen.

Der Salzburger Wissenschaftsjournalist Prof. Franz Mayrhofer, Jahrgang 1937, wurde 1994 mit dem René-Marcic-Preis ausgezeichnet. Er ist Salzburg-Präsident des P.E.N.-Clubs.
Bild: Stadt Salzburg

 

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