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... die Weltluft, die aus Büchern strömt...

SALZBURGER BÜCHERVERBRENNUNG / IM WORTLAUT

25/04/25 Seit 2019 organisieren die Initiative Freies Wort und das Salzburg Museum mit namhaften Partnerinnen und Partnern jeweils genau am unrühmlichen Jahrtag eine Veranstaltung im Gedenken an die Salzburger Bücherverbrennung vom 30. April 1938. – Hier ein Text der Initiatoren im Wortlaut.

Karl Müller & Albert Lichtblau. INITIATIVE FREIES WORT

Sich mit Vergangenheit zu beschäftigen und nicht mitzudenken, wie Menschen aufgrund ihrer kritischen Haltung aktuell, heute, in vielen Ländern der Welt verfolgt werden, ist gelinde gesagt unakzeptabel. Ziel unserer Bemühungen muss stets die Verbindung zur Gegenwart sein, ein Erinnern für die Gegenwart und was vor uns liegt. Seit 2018 gibt es das am Rande des Residenzplatzes von Fatemeh Naderi und Florian Ziller gestaltete Mahnmal „Buchskelett“ zur Erinnerung an die Salzburger Bücherverbrennung vom 30. April 1938. Ein stummer Zeuge ist es und ein beliebter Sitzplatz für Menschen, die bei Hitze Ruhe und Schatten suchen, sich erholen. Eine Tafel gibt ihnen allerdings die Möglichkeit sich zu informieren. Es ist KEIN sakraler Ort, sie dürfen und sollen ihn benutzen und im Idealfall einen Denkanstoß mitnehmen. Darum geht es bei solchen sogenannten „stummen Zeug*innen“, die an Gewalt erinnern, und bei Veranstaltungen wie dieser: Es ist wichtig, sie „zum Sprechen“ zu bringen.

Vor 84 Jahren wurden auf dem Residenzplatz etwa 1.200 Exemplare von Büchern von insgesamt 56 Autorinnen und Autoren abgefackelt, darunter Werke jüdischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Werke der modernen Literatur sowie Texte des politischen Katholizismus und Schriften österreich-vaterländischer Provenienz – musste doch, ein paar Wochen nach der Annexion Österreichs, mit dem autoritären Ständestaat, der sogenannten „Systemzeit“ der Jahre zwischen 1934 und 1938, wie sich die Nationalsozialisten ausdrückten, abgerechnet werden. Dies geschah im Zeichen der als neu ausgegebenen deutsch-völkischen, „arisch“-rassistischen Wahrheit/Ideologie des neuen Regimes.

Die politische Regie hatte eine Art Feuergericht über die „alte“ Zeit im Sinn, die als eine Epoche der Unterdrückung, Zerrissenheit und völkischer Not dargestellt wurde, also die Performance eines radikalen Bruchs. Es sei keine Schande, so hieß es, sich daran zu beteiligen – dies war ein geschickter Zugriff auf das Gewissen. Zugleich sollte symbolisch der Aufbruch in eine angeblich neue, jugendbewegte und revolutionäre Epoche beschworen werden, was sich freilich als Lüge und als Verbrechen erweisen sollte.

„Verbrannt, vernichtet sei alles, was an klerikaler Knechtung und jüdischer Verderbnis den Aufbruch einer wahrhaft deutschen Kultur behinderte“, so hieß es (Bericht im Salzburger Volksblatt, 2. Mai 1938). Hierauf wurde der Bücherstoß entzündet und der Reihe nach Bücher, zerfetzte Bücher mit „kernigen Urteilssprüchen“ (SVB, 2. Mai 1938) verschiedener Akteure der rassisch reinen „Volksgemeinschaft“ ins Feuer geworfen: „Ins Feuer werfe ich das Buch des Juden Stefan Zweig, dass es die Flammen fressen wie alles jüdische Geschreibe. Frei erheb sich, geläutert, der deutsche Geist.“ Ein Musiker durfte rufen, als er die Biographie Max Reinhardts ins Feuer warf: „Möge das Feuer auch Schimpf und Schand verzehren, die unserer deutschen Stadt von diesem Geschmeiß geschah. Frei und deutsch sei die Stadt Mozarts!“ (SVB, 2. Mai 1938). Der Feuerschein dürfte wohl auch in den Rittersaal geleuchtet haben.

Die Salzburger Bücherverbrennung hatte die einschlägigen Abfackelungs-, Einstampfungs- und Schandpfahl-Spektakel im „Tausendjährigen Reich“ Hitlers des Jahres 1933 zum Vorbild, also die Aktionen in über neunzig Städten und Märkten des „Dritten Reichs“. (Und auch diese standen in einer sehr langen historischen Tradition von Büchervernichtungen seit der Antike analog zu allen Gewaltregimen.) Fünf Jahre später machte man es in der Salzburger Provinz nach.

Heuer haben wir (für die Gedenkveranstaltung, Anm. der Red.) das Motto HOFFNUNG gewählt. Am Nachmittag des 30. April 2025 wird, nicht zufällig am Tag der Erinnerung an die Salzburger Bücherverbrennung des Jahres 1938, in einem Festakt in der Bibliotheksaula der Universität das neue „Weltzentrum für Stefan Zweig“ namens Stefan-Zweig-HAUS ins Leben gerufen, eine Kooperation zwischen dem Stefan-Zweig-Zentrum in der Edmundsburg und dem Salzburger Literaturarchiv der Universität Salzburg. Deswegen werden heuer beim Mahnmal am Residenzplatz Texte von Stefan Zweig zumThema HOFFNUNG rezitiert.

Gedenveranstaltung in Erinnerung an die Salzburger Bücherverbrennung 1938 – Mittwoch 30. April ab 18.30 Uhr im Rittersaal der Alten Residenz und beim Mahnmal „Buchskelett“ auf dem Residenzplatz. Es diskutieren der Schriftsteller Karl-Markus Gauß, die Theologin Regina Polak und der Philosoph Heinrich Schmidinger – Eintritt frei, Anmeldung erforderlich unter 0662 620808-704 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!  – Live-Stream unter – fs1.tv
Das Zitatfragment im Titel lautet vollständig „Wie kann man atmen ohne die Weltluft, die aus Büchern strömt?“ Es stammt aus der Feder von Stefan Zweig.
Bilder: dpk-klaba

 

 

 

 

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