KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

11/03/25 Kein „Weiter wie bisher“ – das haben wir in den letzten Monaten hinlänglich oft gehört. Das sollte auch für das Schulsystem gelten. Selten einmal zeigen sich Unausgewogenheiten in Angebot und Organisationsform so deutlich wie in der nun aufgeflammten Diskussion um das Weiterbestehen der musisch-kreativen Klassen in der Mittelschule Zell am See.

Wo in Salzburg gibt es Mittelschulen mit Musik-Schwerpunkt? Mit Salzburg/Maxglan, Grödig, Hallein/Burgfried, Lamprechtshausen und Henndorf ist der Zentralraum mitsamt seinen „Schlafburgen-Gemeinden“ gut abgedeckt. Wer aus den Tennengauer Gemeinden nicht gen Norden pendelt, findet ein Angebot auch in Abtenau. Im Lungau gibt es eine Musik-Mittelschule in St. Michael. Auch der Pongau ist mit Radstadt und St. Johann vergleichsweise gut versorgt. Ganz schlecht steht es allerdings um den Pinzgau: Gemessen an der geographischen Ausdehnung zwischen Krimml und Unken – ziemlich genau einhundert Kilometer – ist die eine Musikmittelschule in Zell am See ein denkbar mickriges Angebot.

Diese einzige Schule weit und breit mit Musik-Schwerpunkt wird logischerweise zu achtzig Prozent von Jugendlichen besucht, die nicht in Zell am See sesshaft sind. Dass man gerade dort jetzt darüber nachdenkt, bei den musisch-kreativen Klassen den Rotstift anzusetzen, legt Problemfelder schulischer Organisation offen.

In unserem durch und durch feudalistisch organisierten Staat hat man ja gelernt, die unterschiedlichen Zuständigkeiten gleichsam als gottgegeben hinzunehmen. Grob gesprochen: Für die Bauwerke selbst sind im Pflichtschulbereich die Gemeinden zuständig, für die Lehrkräfte das Land, für die Lehrpläne der Bund. Ist diese Splitterung sinnvoll?

In Zell am See geht es darum, dass das Gebäude der Mittelschule schon seit zwei Jahrzehnten sanierungsbedürftig ist. Nach und nach wurden ursprünglich großzügige Pläne – eine Art Schul- und Kulturzentrum unter Einbeziehung des Musikums und der örtlichen Blaskapelle – heruntergeschraubt. Nur ein Neubau der Mittelschule? Offenbar auch zu teuer für die Kommune. Aktuell scheint einzig eine Renovierung des bestehenden Gebäudes im Bereich des finanziell Möglichen zu liegen.

Konkret, so heißt es, gehe es für die musisch-kreativen Klassen um einen Mehrbedarf von vier Klassenräumen. Läppische vier Räume! Wie kleinlich kann man argumentieren und dafür den einzigen schulischen Musik-Schwerpunkt in einem Bezirk mit einer Ausdehnung von 2.641 Quadratkilometern aufs Spiel setzen?

Zum Vergleich: Stadt Salzburg, Flachgau und Tennengau haben zusammen 1.737 Quadratkilometer und gleich sechs (!) Musik-Mittelschulen. Das Glück ist wirklich sehr ungerecht verteilt.

Dass im ganzen Riesenbezirk Zell am See derzeit nur rund hundert Jugendliche die Musikmittelschule besuchen können – das ist eigentlich skandalös im Musikland Salzburg und sollte der eigentliche Diskussionspunkt sein. Es darf einfach nicht sein, dass ein musikpädagogisches Basisangebot – dazu gehören die seit fünfzig Jahren bewährten Musik-Mittelschulen – für einen ganzen politischen Bezirk von den finanziellen Möglichkeiten (oder dem Finanzierungswillen) einer einzige Gemeinde abhängt. Solche Dinge gehörten weder auf Gemeinde- noch auf Landesebene, sondern vom Bund mit Blick auf ganz Österreich geregelt. Mit Sinn für tatsächliche Chancengleichheit auch für Jugendliche im ländlichen Raum. Aber das ist wohl ein zu frommer Wunsch.

Die Salzburger Musik-Mittelschulen:
MMS Lamprechtshausen
MMS Henndorf
MMS Maxglan 2
MMS Grödig
MMS Hallein Burgfried
MMS Abtenau
MMS Zell am See
MMS St. Johann
MMS Radstadt
MMS St. Michael im Lungau
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