Willkommenskultur für Durchgangssubjekte

FEUILLETON

31/05/19 Eine etwas patscherte Eisenbahn-Anschlussverbindung hat den Schreiber dieser Zeilen kürzlich für eine gute Weile auf dem Bahnhofsvorplatz stranden lassen. Bei Sonnenschein. Gute Gelegenheit, den Platz einmal zu umrunden...

Von Reinhard Kriechbaum

Kaum scheint die Sonne, sticht sie auch schon. Wie freut man sich da, aus dem Bahnhofsgebäude kommend, gegenüber einen Hain schattenspendender Bäume zu erblicken! Wie hinüber kommen über die doch nicht ausschließlich von Bussen befahrene Straße am Ende der riesigen Stein-Ödnis? Zebrastreifen gibt es nur an den Platzrändern für jene, die ins Hotel Europa wollen oder dem Forum zustreben. Logis nehmen und Einkaufen darf man ja – ansonsten sind Architektur und das, was die öffentliche, Sicherheit und Ruhe sichernde Hand aus dem Platz gemacht haben, als Botschaft nicht misszuverstehen: Menschen sind hier ganzflächig unerwünscht, nur als Durchgangssubjekte geduldet.

Nicht nur die Steinwüste vor dem Bahnhofsgebäude, auch der mit Bäumen begrünte fernere Teil des Südtirolerplatzes bietet keine einzige Sitzgelegenheit. Zu groß ist die Angst vor Dauer-Hockern, die dort womöglich verbotener Weise gar ein Bier zu sich nähmen. Dafür gibt es im wohligen Schatten ausreichend Rad-Abstellplätze. Die Fahrräder als einzige dürfen sich über Kühle unter Blättern freuen.

Sitzen kann man hier auf knapp einem halben Quadratkilometer nur an der prallen Sonne auf den wenigen Steinquadern der mehr als bescheidenen Brunnen-Architektur. Gut zehn Leute können sich über waagrechten Stein freuen. Aber stimmt schon: Vor, nach und zwischen längeren Reisen ist es ohnedies gesund, sich die Füße zu vertreten. Salzburg beugt der Thrombose vor!

Etwas tut Salzburg aber tatsächlich gegen die Ödnis: Seit dem Vorjahr gibt es die Kulturschiene. Wir haben mehrmals darüber berichtet über diese Initiative zur Willkommenskultur nicht zuletzt für Einheimische. Im Juni gibt es einige recht attraktive Programmpunkte. Zu genießen im Stehen, klar!

Am Donnerstag 6. Juni kommt um 14 und 16 Uhr Mr. Copini mit The Herock Circus Show auf den Platz – einer Kombination aus Zirkus, Improvisation und Comedy, gepaart mit Rockmusik. Die Clownin Pina Polar, die am 18. und 19. Juni, ebenfalls um 14 und 16 Uhr auf dem Südtiroler Platz zu Gast ist, bezeichnet sich selbst als „die stärkste und gefährlichste Frau der Welt“. Beweisen wird sie dies mit Fakir-Tricks, Jongliermesser und Zirkuseinlagen.

Zum ersten Mal gibt es auch eine Kooperation zwischen Kulturschiene und Sommerszene. Die norwegische Künstlerin Ingri Fiksdal verwandelt den Bahnhofsvorplatz mit ihrer Performance Diorama in eine ständig sich verändernde Skulptur aus Körpern und Objekten. Die Besucher erwartet also eine Choreografie in einer sphärischen Soundlandschaft – am 27. und 28. Juni um 16 Uhr.

www.kulturschiene.at
Bilder: dpk-krie (2); kulturschiene/Radek Rachwal (1)