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Eigentlich unbeschreiblich

50 JAHRE SZENE SALZBURG / ERINNERUNGEN (4)

10/10/19 Die Szene Salzburg darf sich zugute halten, ihre veranstalterische Aufmerksamkeit niemals nur einer Kunstform gewidmet, sondern stets verschiedene Kunstformen neben einander gestellt zu haben, in der festen Absicht und vollen Überzeugung, dass sich für das Publikum außergewöhnliche Kunsterlebnisse auftun, wenn sich der Tanz am Theater reibt und die Musik an der Installation.

Von Siegbert Stronegger

Durch viele hautnah erlebte Szene-Jahre theoretisch also gut abgesichert, kreuzte ich Mitte Juli 1988 als TV-Reporter des ORF im Stadtkino auf, um über die Österreich-Premiere der frankokanadischen Gruppe La La La Human Steps zu berichten. Dieser Truppe eilte nicht einfach ein guter, sondern ein bereits legendärer Ruf voraus. Es ging also darum, das Besondere dieses Abends möglichst gültig einzufangen, wozu es ja auch stets einer engagierten Kameraführung bedarf. Ich hatte Glück, denn mein Kameramann, ein Profi aus alten Wochenschau-Zeiten, zeigte sich gleich einmal vom Namen der Truppe begeistert: La La La Humans Steps. Das gefiel einem gut, der selber Günther Steps hieß. Wir bauten auf und gingen in Stellung.

Was sich dann auf den Brettern des damals noch recht ruinösen Stadtkinos entwickelte und abspielte, gehört ins Album der niemals verblassenden Bilder persönlichster Erinnerung. Ein Mann und ein Frau fegten zu den treibenden Riffs eines absolut coolen Rockgitarristen über die Bühne, ein existentielles Drama der körperlichen Anziehung und Abstoßung spielte sich da ab. Pure Kraft und fetter Sound flossen aus der Gitarre ungebremst hinüber in die Akrobatik der Tänzer, bei jedem Körperkontakt blitzte förmlich die Energie eines Kurzschlusses auf, und bevor ich mich jetzt an der Einzigartigkeit dieser Synergie aus Tanztheater und Musik vorbeizuschreiben beginne, gestehe ich gerne ein, dass es für mich damals unbeschreiblich war, was da ablief.

Die wunderschöne Tänzerin Louise Lecavalier rollte waagrecht durch die Luft in die Arme ihres Partners, es glich diesem besonderen Schweben der Engel in den Bildern der großen Barockmaler, genau so erotisch, nur einfach ins irre Tempo und Getöse der Gegenwart übertragen. La La La Human Steps, gegründet von Edouard Lock, hatte zu jener Zeit bereits mit vielen großen Künstlern wie David Bowie und Franz Zappa zusammengearbeitet. Sie alle waren dem Zauber der radikalen Tanz-Ikone Louise Lecavalier ebenso verfallen wie das Publikum rund um den Erdball. Auf die Reporterfrage, wie es denn bei all den akrobatischen Herausforderungen und dieser unverschämt frechen Überwindung der Schwerkraft diese absolute Leichtigkeit der Szenen geben könne, antwortete die Tänzerin so, wie es ehedem Fred Astaire getan hatte: Es wirke deshalb so leicht und selbstverständlich, weil es tausend Mal geübt werde. Es gilt also, was immer gilt: von nix kommt nix, künstlerisches Talent ist nur ein Faktor am Beginn großer Kunst, dann hilft nur noch harte Arbeit. Davon wissen ja auch Veranstalter wie die Szene Salzburg ein Lied zu singen. (Ende der dpk-Erinnerungsserie)

Bilder: Doris Wild / wildbild (1); aus Michael Stolhofer (Hg.): Szene Salzburg 1969 – 2019 (1)
Zum ersten Teil der Serie (Werner Thuswaldner)
Bis heute ein bisschen rebellisch
zum zweiten Teil (Alfred Winter)
Unser Woodstock machten wir selbst
Zum dritten Teil (Nikolaus Topic-Matutin)
Große Oper im Petersbrunnhof
Zum dpk-Beitrag über Fünfzig Jahre Szene Salzburg
Proberaum für das Unvorhersehbare

 

 

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